Verbal-Attacken gegen Bürgermeister Donald Trump droht Chicago mit Truppen

Washington  · Der US-Präsident wirft Bürgermeistern vor, ihre Städte nicht im Griff zu haben. Trump sieht die Schuld bei „radikalen Linken“ in den Rathäusern. Seine Rhetorik erinnert an wildeste Wahlkampfzeiten.

 Donald Trump am Mittwoch im Weißen Haus.

Donald Trump am Mittwoch im Weißen Haus.

Foto: AP/Evan Vucci

 Der amerikanische Präsident bläst zur Großoffensive in Sachen Law and Order. Nachdem Donald Trump bereits 200 Bundespolizisten nach Kansas City entsandt hat, will er nun etwa genauso viele nach Chicago beordern. In der Darstellung seines Justizministers William Barr sollen sie den lokalen Polizeikräften im Kampf gegen das organisierte Verbrechen helfen, indem sie etwa flüchtige Tatverdächtige aufspüren, ungeklärte Fälle lösen und den illegalen Waffenverkauf eindämmen. Nach Albuquerque will die Regierung 35 zusätzliche Bundesbeamte schicken, unter ihnen Agenten des FBI und der Behörde für Waffenkontrolle.

Das Oval Office begründet den Schritt mit einer gefährlich hohen Verbrechensrate in den genannten Städten. Tatsächlich ist die Kriminalität hier und da gestiegen, obwohl sie landesweit auf einem im historischen Vergleich eher niedrigen Niveau liegt, deutlich niedriger als zu Beginn der Neunzigerjahre, als sie auf Rekordwerte geklettert war. Chicago beispielsweise, seit Längerem ein Brennpunkt der Schusswaffengewalt, hatte bis Ende Juni 51 Prozent mehr Morde zu verzeichnen als im ersten Halbjahr des Vorjahres. In Kansas City wurde vor knapp vier Wochen ein vierjähriger Junge namens LeGend Taliferro von Kugeln tödlich getroffen, während er schlief. Nach ihm ist die Operation „Legend“ benannt, die Trump offensichtlich dazu dienen soll, mit Blick auf die in gut 100 Tagen anstehende Wahl den Garanten von Recht und Ordnung zu geben.

Um den Kontrast zu schärfen und Emotionen zu schüren, entwirft der Präsident einmal mehr eine düstere Skizze, in der urbane Zentren im Chaos versinken, weil ihre Bürgermeister wegschauen, während Drogenbanden das Zepter übernehmen. In seiner Diktion werden Städte wie Chicago von der „radikalen Linken“ regiert – gemeint sind Demokraten in den Chefetagen der jeweiligen Rathäuser. Seine Vision von Amerika, sagte Trump am Mittwoch, sei eine völlig andere als die Gesetzlosigkeit, für die der politische Gegner stehe. „Keine Mutter sollte ihr totes Kind in den Armen halten, nur weil sich Politiker weigerten, das Nötige zu tun.“

Die Wortwahl erinnert an frühere Wahlkämpfe. 2016 hatte Trump oft von den „Angel Families“ gesprochen, von Familien, die um Angehörige trauerten, die von illegal Eingewanderten getötet worden waren. Auch wenn Immigranten, ob sie mit gültigen Papieren oder ohne Dokumente in den USA leben, im statistischen Durchschnitt weniger Verbrechen begehen als Alteingesessene, kam er immer wieder auf die Schicksale der „Engelsfamilien“ zu sprechen, nicht zuletzt, um den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko zu begründen. Vor den Kongresswahlen 2018 machte er aus einer Karawane mittelloser Migranten, die quer durch das südliche Nachbarland gen Norden zog, eine bedrohliche Invasion. In diesem Jahr ist es die „radikale Linke“, die das stolze Amerika in seiner Skizze in venezolanische Verhältnisse treibt, gegen die er alle Register zieht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort