John McCains Vorzeige-Figur Wahlkampf mit "Joe, dem Klempner"

Hempstead (RPO). Bissig zeigte sich John McCain bei der letzten TV-Debatte vor der Präsidentenwahl am 4. November. Auf persönliche Attacken gegen seinen Gegenspieler verzichtete er diesmal. Stattdessen rückte er eine neue Figur in den Mittelpunkt des Wahlkampfes. Plakativ warb er um "Joe, den Klempner". Doch auch die Demokraten haben einen Vorzeige-Klempner. Sean ist sein Name. Seine Leibspeise: Herzhafte "Obamaletten".

 Der Einstieg Joe Wurzelbachers (rechts, "Joe the Plumber") in die große Politik: Am vergangenen Wochenende traf er bei einer Wahlkampfveranstaltung auf Barack Obama.

Der Einstieg Joe Wurzelbachers (rechts, "Joe the Plumber") in die große Politik: Am vergangenen Wochenende traf er bei einer Wahlkampfveranstaltung auf Barack Obama.

Foto: GETTY IMAGES NORTH AMERICA, AFP

Die USA haben einen neuen Vorzeige-Otto-Normalverbraucher entdeckt: Er heißt Joe Wurzelbacher und ist unversehens in den Mittelpunkt des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs geraten.

Allerdings kennen die meisten Amerikaner den Handwerker nicht mit seinem richtigen Namen, sondern nur als "Joe, den Klempner" (Joe the Plumber). So wurde er am Mittwoch in der letzten Fernsehdebatte der beiden Kandidaten mehrfach durch den republikanischen Präsidentschaftskandidaten ins Gespräch gebracht.

McCain macht "Joe the Plumber" zum Kronzeugen

McCain hatte etwas gutzumachen. Bei der vergangenen TV-Debatte hatte er einen heftigen Aussetzer. In der Diskussion um vermeintliche Milliardengeschenke an die Ölindustrie fragte McCain ins Studio: "Wisst ihr, wer für die Energiegesetze von Bush und Cheney gestimmt hat?" Dann folgte der Aussetzer: "Der da. Nicht ich." Ohne seinen Kontrahenten eines Blickes zu würdigen, zeigt er in Richtung Obama — im US-Wahlkampf eine grobe Unhöflichkeit, ein Affront.

Am Mittwochabend zeigte sich McCain sichtlich bemüht, sein ramponiertes Ansehen wieder aufzupolieren. Er gab sich volksnah, indem er Joe Wurzelbacher als Kronzeugen einführte. "Joe, der Klempner" diente als Exempel, dass Obamas Steuerpläne nicht im Interesse der Mittelschicht seien. Für ihn sei dies ein Grund, sich nicht wie geplant selbständig zu machen, dozierte McCain.

"Joe wollte das Geschäft kaufen, in dem er all die Jahre gewesen ist und zehn oder zwölf Stunden am Tag gearbeitet hat", sagte McCain während der Diskussionsveranstaltung in der Hofstra-Universität bei New York zu Obama. "Aber als er Ihren Steuerplan sah, erkannte er, dass er viel mehr Steuern wird zahlen müssen."

Schließlich schaute McCain direkt in die Fernsehkamera und sagte: "Joe, ich will dir sagen, ich werde dir nicht nur helfen, das Geschäft zu kaufen, in dem du dein ganzes Leben gearbeitet hast. Ich werde auch deine Steuern niedrig halten, und ich werde für dich und deine Angestellten eine bezahlbare Gesundheitsversorgung ermöglichen."

Der Einstieg Joe Wurzelbachs in die große Politik

Der Einstieg Wurzelbachers in die große Politik begann am vergangenen Wochenende, als er in der Ortschaft Holland in Ohio bei einer Wahlkampfveranstaltung auf Obama zuging und ihm sagte: "Ihr neuer Steuerplan bedeutet mehr Steuern für mich." Die Szene wurde von dem Fernsehsender Fox News eingefangen und gesendet.

Wurzelbacher sagte nach der Fernsehdebatte am Mittwoch, er sei sehr überrascht, dass er immer wieder "Joe, der Klempner" genannt worden sei. "Das ist ziemlich unwirklich, Mann, dass mein Name im Präsidentschaftswahlkampf genannt wird." McCain habe seinen Standpunkt ganz gut zum Ausdruck gebracht, sagte der Klempner aus Toledo in Ohio. Wen er am 4. November wählen will, wollte er aber dennoch nicht verraten. "Das ist allein meine Sache."

Vorzeige-Klempner der Demokraten

Aber auch die Demokraten haben einen Vorzeige-Klempner. Er ist aufgeschlossener und steht zu seinem Kandidaten. Sean Collins, Klempner aus Rockville bei Washington hat sogar seine Essgewohnheiten nach seiner politischen Gesinnung ausgerichtet. Collins Leibspeise ist die sogenannte "Obamalette" der Silver-Dinner-Kette. "Ich habe mich sofort entschieden, als ich sah, dass es nach Obama benannt ist."

Das Omelette mit den dunklen, pizzaartigen Zutaten im Chicago-Stil wurde bislang in der Silver-Diner-Kette rund doppelt so häufig geordert wie das "McCainlette" mit Barbecue-Honig und frischen Kräutern. "Ich habe auf die Zutaten gar nicht erst geschaut", sagt Sean Collins, während er sich die nach dem demokratischen Präsidentschaftsbewerber Barack Obama benannte Eierspeise einverleibt.

Auch an der Ladentheke liegt McCain hinten

"Obamalette" und "McCainlette" sind in Amerika aber nicht die einzige Möglichkeit, an der Ladentheke eine Vorentscheidung über die Präsidentschaftswahl herbeizuführen. In der Ladenkette "7-Eleven" können die Kunden landesweit ihren Kaffee in einer blauen Obama-Tasse oder in einer roten McCain-Tasse bestellen. Auch hier sieht es schlecht aus für den Republikaner John McCain.

Nach den fortlaufend auf der Webseite 7-election.com aktualisierten Teilergebnissen liegt McCain nur in drei Bundesstaaten vorn. Die Abstimmungen an der Ladentheke haben eine hohe Trefferquote: Die "7-Eleven"-Vorwahl lag 2000 und 2004 voll auf der Höhe des abschließenden Ergebnisses. Immerhin haben schon mehr als 750.000 Wähler ihre blauen oder roten Tassen ausgewählt. Dabei liegt derzeit Obama mit 60:40 vorn.

Experten loben McCain, in Umfragen stürzt er weiter ab

Gute Bewertung gab es dagegen für John McCain von einigen politischen Experten: Seine Vorhaltungen trieben Obama bei der Debatte am Mittwochabend wiederholt in die Defensive. Er musste sich rechtfertigen und geriet dabei gelegentlich ins Straucheln. Übereinstimmend hatte man McCain die bislang beste Debattenleistung bescheinigt.

Allerdings schlug diese sich nicht den Umfragewerten nieder: In einer Blitzumfrage des Senders CNN gaben 58 Prozent der Zuschauer an, Obama habe sich besser geschlagen, nur 31 Prozent nannten McCain. Es sieht also nicht so aus, als ob John McCain mit "Joe the Plumber" wirklich punkten konnte.

(ap)
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