US-Wahlen Clinton setzt auf strategische Wahlkampfroute

Des Moines · Hillary Clinton ist auf Wahlkampftour und hat einen klaren Plan. Bei der Wahl ihrer Ziele liegt der Fokus auf den Staaten, die im Rennen um das Weiße Haus oft den Ausschlag geben. Die Reiseroute von Donald Trump wirkt weniger strukturiert.

Philadelphia: Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin nominiert
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US-Demokraten nominieren Hillary Clinton

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Das Programm mag sich nach einer spannenden Reise durch die USA anhören. Doch schöne Landschaften und andere Sehenswürdigkeiten spielen für Hillary Clinton derzeit keine Rolle. Das GPS der demokratischen Präsidentschaftskandidatin ist mit dem Ziel programmiert, sich möglichst effizient die für einen Sieg im November erforderlichen Stimmen zu sichern. Diese Woche geht es nach Florida. Dort wird auch Donald Trump erwartet. Im direkten Vergleich erscheint die Planung des republikanischen Rivalen ansonsten aber etwas eigenwillig.

Schwerpunkt von Clintons Reiseplanung sind die gleichen elf Staaten, in denen die Demokraten auch das meiste Geld für Fernsehwerbung investieren: Neben Florida vor allem Ohio, außerdem Colorado, Iowa, Michigan, Nevada, New Hampshire, North Carolina, Pennsylvania, Virginia und Wisconsin. Schon Barack Obama hatte sich 2008 und 2012 auf diese Staaten konzentriert. "Bei den zurückliegenden Wahlen hat sich dies für die Demokraten als Weg zum Sieg bewährt", sagt John Anzalone, der zum Beraterstab der früheren US-Außenministerin zählt.

Als weitere Stationen im Wahlkampf zieht das Clinton-Team Arizona und Georgia in Erwägung. Arizona erlebt seit einigen Jahren einen deutlichen Bevölkerungszuwachs. Bei den neuen Bürgern in dem an der Grenze zu Mexiko gelegenen US-Staat handelt es sich zu einem großen Teil um Latinos — also um eine Wählergruppe, die laut Meinungsumfragen derzeit wenig für Trump übrig hat. In Georgia im Südosten sieht es in diesem Jahr nach einem besonders engen Rennen aus.

Auch bei der Verteilung des Werbebudgets folgt Clinton einem klaren geografischen Muster. In der vergangenen Woche buchten die Demokraten weitere Plätze für TV-Werbespots für insgesamt 23 Millionen Dollar (21 Millionen Euro). Das meiste Geld davon floss in nur drei Staaten: Florida, Ohio und Pennsylvania. In Colorado und Virginia verzichtete die Partei auf zusätzliche Werbeinvestitionen, da ihr der Vorsprung hier relativ sicher erscheint. Auch die Organisation "Priorities USA", die Clinton im Wahlkampf unterstützt, legte das TV-Budget in diesen beiden Staaten auf Eis.

Clinton will sich zudem in allen drei geplanten Fernsehdebatten ihrem Widersacher Donald Trump stellen. Der Wahlkampfchef der Demokratin, John Podesta, bezichtigte den Republikaner in einer Erklärung, "Spielereien" rund um die TV-Diskussionen zu betreiben.

Hintergrund ist eine Behauptung Trumps, wonach Clinton die Debatten manipulieren wolle. Dazu verwies er auf den Umstand, dass parallel zu zwei Diskussionen Spiele der amerikanischen Football-Profiliga NFL angesetzt seien. Die Termine wurden allerdings bereits im vergangenen Herbst von einer unparteiischen Kommission festgelegt.

Podesta erklärte dazu, er sei nicht sicher, ob Trump versuche, die Debatten zu vermeiden, oder einfach aus dem Wunsch nach Hysterie heraus ein Spiel mit den Medien betreibe.

Trumps Reisetätigkeit seit dem Nominierungsparteitag lässt unterdessen vermuten, dass er seine Pläne, Clinton auch in den demokratischen Hochburgen Kalifornien und New York anzugreifen, bis auf Weiteres aufgegeben hat. Darüber hinaus ist bisher kein klares Muster zu erkennen. "Ich rechne mit Siegen in einer Reihe von Staaten, in denen kein anderer Republikaner gewinnen würde", sagte der Milliardär vor wenigen Tagen der "Washington Post". "Aber welche Staaten das sind, werde ich nicht verraten."

In der vergangenen Woche verbrachte Trump einen Tag in Portland in Maine. Neben Nebraska ist das der einzige Staat, in dem die Stimmen der Wähler proportional auf die Wahlmänner verteilt werden — in allen anderen Staaten erhält der Kandidat, der eine Mehrheit erzielt, nach dem Winner-Takes-It-All-Prinzip sämtliche Wahlmännerstimmen. In Portland ging es für Trump also nur um eine einzige der insgesamt 538 Stimmen des Gremiums, das am Ende den Präsidenten wählt.

Clinton legte vor einer Woche zwar auch einen Zwischenstopp in Nebraska ein. Dabei ging es aber wohl in erster Linie darum, sich auf einer Bühne mit dem dort lebenden Star-Investor Warren Buffet sehen zu lassen. "Unsere Strategie ist die, mit einer effizienten Nutzung unserer Ressourcen dafür zu sorgen, dass wir die erforderlichen 270 Wahlmännerstimmen bekommen", sagt Anzalone.

In dieser Woche gehen beide Kandidaten im gleichen Revier auf Stimmenfang. Wer in Florida besser ankommt, könnte dabei schon fast zu einer Art Vorentscheidung werden. "Wenn wir hier nicht gewinnen, wüsste ich nicht, wie wir überhaupt gewinnen sollten", sagt Brett Doster, einer der örtlichen Wahlkampfberater der Republikaner. Die Sorge ist nicht unbegründet: Sollte Clinton neben den als sicher erachteten demokratischen Hochburgen auch Florida holen, käme sie bereits auf eine Mehrheit von 271 Wahlmännerstimmen.

Die Meinungsumfragen beider Parteien sagen für Florida einen harten Kampf voraus. Zumindest Clinton scheint aber entschlossen, sich diesem Kampf zu stellen. Während Trump bisher ganz auf TV-Reklame verzichtet hat, investierte Clintons Team hier mit 4,2 Millionen Dollar (3,8 Millionen Euro) zuletzt mehr als in jedem anderen Staat.

Inhaltlich geht die Demokratin auch in Florida in besonderer Weise auf die vielen Wähler mit lateinamerikanischen Wurzeln zu. Wegen der Finanzkrise im karibischen US-Außengebiet Puerto Rico sind seit Ende 2015 pro Monat etwa 1000 Familien von dort nach Florida übergesiedelt. Vor allem im Umkreis der Stadt Orlando werben zweisprachige Mitarbeiter Clintons vor Geschäften und Gemeindezentren gezielt um die Stimmen dieser Erstwähler.

Trump hinkt in Florida aktuell nicht nur mit dem Werbebudget und in der Beliebtheit bei den Latinos hinterher. Nach Einschätzung des republikanischen Meinungsforschers Whit Ayres hat ihm zuletzt auch der offen ausgetragene Streit mit den Eltern eines im Irak gefallenen muslimischen US-Soldaten sehr geschadet. Angesichts der verbalen Angriffe auf die Familie sei es in einem Staat mit 22 Militäreinrichtungen unwahrscheinlich, dass Trump "über das aktuelle Niveau hinaus" noch nennenswert zulegen werde, sagt Ayres.

Doch auch wenn Clinton in Florida leicht im Vorteil ist, warnt ihr Berater Anzalone vor verfrühten Rechenspielen: "Es ist ein sehr dynamisches Rennen — und abhängig von der weiteren Entwicklung des Rennens werden wir stets die verschiedensten Wege im Auge behalten." Gut möglich also, dass sich auch die Reiseplanung der demokratischen Kandidatin in diesem Herbst noch ändert.

(rent/ap)
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