US-Vorwahlen in New Hampshire Trumps holpriger Start vielleicht nur ein Stolperer

Meinung | Portsmouth · Es gab Wahljahre, da wurden bereits in New Hampshire die Weichen gestellt. Diesmal hat die zweite Etappe des Rennens um die Präsidentschaftskandidatur nur eines bewiesen: Es ist ein Wahljahr, in dem die üblichen Gesetze nicht gelten. Dazu brodelt es zu heftig an der Basis, dazu gehen zu viele Amerikaner zu sehr auf Distanz zu ihrer traditionellen politischen Klasse.

Donald Trump an der Seite seiner Frau Melania.

Donald Trump an der Seite seiner Frau Melania.

Foto: afp, jh

Das Rennen ist völlig offen, in beiden Parteien. Donald Trump ist in Iowa schlecht aus den Startlöchern gekommen, nun zeigt sein Sieg in Neuengland, dass es vielleicht nur ein Stolperer war. In South Carolina, wo das nächste Votum ansteht, ist er eindeutig der Favorit. In kaum einem anderen Bundesstaat hat der rechtspopulistische Unternehmer derart intensiv um die Wählergunst gebuhlt, in keinem anderen ließ er sich über Monate hinweg so oft blicken wie dort.

Nur: Zählt man zusammen, was die vier Kandidaten des republikanischen Establishments (John Kasich, Jeb Bush, Marco Rubio, Chris Christie) an Stimmen erhielten, so kommt man auf fast 50 Prozent. Wer immer sich als Spitzenmann dieser Gruppe herausschälen wird, er hat noch immer gute Chancen, sowohl Trump als auch Ted Cruz, den Prediger der christlichen Rechten, in die Schranken zu weisen.

Nach Iowa sah es so aus, als liefe alles auf Rubio zu, den telegenen Senator aus Miami. Der aber hat offenbar die Quittung für einen überraschend schwachen Debattenauftritt im Fernsehen bekommen. Ob es nur ein Ausrutscher war oder der Anfang vom Ende des Wintermärchens um den Barack Obama der Konservativen? Es gibt niemanden, der das im Moment seriös zu beurteilen vermag.

John Kasich, ein Praktiker aus der konservativen Mitte, hat alles auf die Karte New Hampshire gesetzt und mit einem zweiten Platz den Lohn dafür eingefahren. Dennoch bleibt er wohl ein Außenseiter. Jeb Bush verfügt zwar über jenes opulent finanzierte landesweite Netzwerk, das Kasich fehlt, bislang aber lässt er das nötige Feuer im Bauch vermissen. Ob Rubio, Kasich oder Bush: Spätestens mit dem "Super Tuesday" am 1. März müsste sich einer von den anderen abgesetzt haben, um Trump, der vom zersplitterten Feld seiner Kontrahenten enorm profitiert, tatsächlich Paroli bieten zu können.

Bei den Demokraten bestritt Bernie Sanders in New Hampshire ein halbes Heimspiel, grenzt der "Granite State" doch an das idyllische Vermont, wo er Karriere machte. Dennoch dürften im Lager Hillary Clintons die Alarmglocken läuten. Dass der Außenseiter, der Sanders amerikaweit noch immer ist, die Favoritin derart deklassieren würde, hatten die Meinungsforscher zwar prophezeit — geglaubt aber hatten es nur die wenigsten.

Als Nächstes muss der neue Ritter der Linken beweisen, dass er auch bei Afroamerikanern und Latinos Zuspruch findet, in Wählergruppen, die bisher mit ihm eher fremdelten. Gelingt es ihm, zumindest ansatzweise jene Koalition aus Jungen, Altlinken und ethnischen Minderheiten zu schmieden, die Obama 2008 zum Sieg über Clinton verhalf, ist die Sensation nicht mehr auszuschließen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort