Bei einer Wahlniederlage Was passieren könnte, wenn Trump nicht geht

Washington · US-Präsident Donald Trump hat bereits angekündigt, eine Niederlage bei den Wahlen am 3. November nicht hinnehmen zu wollen. Damit könnte er das Land ins Chaos stürzen.

 US-Präsident Donald Trump im Oval Office im Weißen Haus.

US-Präsident Donald Trump im Oval Office im Weißen Haus.

Foto: AP/Alex Brandon

Donald Trump hat nicht gerade den Ruf, ein guter Verlierer zu sein. Bei der US-Präsidentschaftswahl nächste Woche könnte das zu einem gewaltigen Problem werden: Beobachter warnen, der Amtsinhaber könnte sich bei einer Niederlage mit aller Macht an das Weiße Haus klammern. Trump könnte das Land damit in eine der schwersten politischen Krisen seiner Geschichte stürzen.

Der Republikaner hat solche Ängste mit vielen Äußerungen geschürt: Immer wieder ist der in Umfragen zurückliegende Amtsinhaber der Frage ausgewichen, ob er eine Abwahl akzeptieren würde. Stattdessen behauptet Trump regelmäßig, er könne nur durch massiven Wahlbetrug verlieren.

Düstere Warnungen von Experten

Die USA könnten auf einen „totalen System-Zusammenbruch“ zusteuern, sollte sich Trump gegen eine Abwahl stemmen, warnt der Jura-Professor Lawrence Douglas gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Er erwarte nicht, dass Trump sich bei einer Abwahl im Oval Office „verbarrikadieren“ werde und aus dem Weißen Haus „gezerrt“ werden müsse. Der Präsident dürfte aber alle Hebel in Bewegung setzen, um seine Macht auch bei einer Niederlage zu bewahren.

Eine Reihe möglicher Szenarien spielte die Expertengruppe Transition Integrity Project durch - ebenfalls mit alarmierendem Ergebnis. „Wir erwarten mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass die Wahlen im November von einer chaotischen rechtlichen und politischen Landschaft geprägt sein werden“, schrieb die Gruppe im Sommer. „Präsident Trump wird wahrscheinlich den Wahlausgang mit rechtlichen und außer-rechtlichen Mitteln anfechten, um an der Macht zu bleiben.“

Kampf um die Deutungshoheit

Wegen des massiven Anstiegs der Briefwahlstimmen, deren Auszählung länger dauert, könnte anders als üblich am Wahlabend noch kein Sieger feststehen. Weil inmitten der Corona-Pandemie mehr Demokraten per Post abstimmen und mehr Republikaner ins Wahllokal gehen, könnte zunächst aber der Eindruck entstehen, Trump liege vorne.

Der Präsident könnte sich schon am Wahlabend voreilig zum Sieger erklären - und dann von Wahlbetrug sprechen, wenn sich später ein Sieg seines Herausforderers Joe Biden abzeichnet. Trump könnte dabei auf sein Gewicht in den Online-Netzwerken und den Rückhalt rechter Medien setzten.

Kampf vor Gerichten

Das Ausgang der Wahl dürfte in vielen Fällen vor Gericht landen. Trump und seine Republikaner könnten versuchen, die Rechtmäßigkeit der Briefwahlen in Zweifel zu ziehen und die Auszählung von Briefwahlstimmen zu stoppen. Trump könnte sogar seinen Justizminister Bill Barr anweisen, Briefwahlzettel wegen angeblichen Wahlbetrugs beschlagnahmen zu lassen, warnt Transition Integrity Project.

Die juristischen Auseinandersetzungen könnten, wie schon im Jahr 2000, vor dem Obersten Gerichtshof landen, in dem konservative Richter in der Mehrheit sind.

Kampf auf der Straße

Trump könnte bei einer Niederlage seine Anhänger aufrufen, für ihn auf die Straße zu gehen. Der Rechtspopulist hat viele fanatische Anhänger und bei rechtsradikalen Gruppierungen und bewaffneten Milizen großen Rückhalt. Beobachter befürchten gewaltsame Zusammenstöße mit linken Gegendemonstranten. Trump könnte Bundespolizisten, Nationalgardisten und sogar Berufssoldaten entsenden, um die Lage zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Kampf in den Bundesstaaten

Bei umstrittenen Wahlausgängen in einzelnen Bundesstaaten könnten die dortigen Landesparlamente eine wichtige Rolle spielen: Sie dürfen dann laut einem Bundesgesetz über die Vergabe der Wahlleute entscheiden, die letztlich den Präsidenten wählen.

Trump könnte beispielsweise Druck auf die republikanisch dominierten Volksvertretungen in den Schlüsselstaaten Michigan, Pennsylvania und Wisconsin ausüben, ihm die dortigen Wahlleute zuzusprechen. Die Gouverneure der drei Staaten - allesamt Demokraten - könnten dagegen Biden die Wahlleute zusprechen. Dann würden dem US-Kongress, der am 6. Januar die Stimmen der Wahlleute aus den Bundesstaaten bestätigen soll, rivalisierende Wahlergebnisse vorliegen.

Kampf im Kongress

Der Machtkampf würde dann im Kongress fortgeführt. Einen klaren Mechanismus zur Beilegung eines solchen Konflikts gibt es nicht - und so könnten am 20. Januar, dem Datum der Amtseinführung des Präsidenten, Trump und Biden das Präsidentenamt für sich beanspruchen.

(ahar/AFP)
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