Große Erwartungen an Antrittsrede Obama muss sich selbst übertreffen

Düsseldorf (RPO). Nach seiner Vereidigung (heute, 17.55 Uhr MEZ) wird Barack Obama 17 Minuten zur Nation sprechen. Kaum eine Rede wurde im Vorfeld so mit Erwartungen aufgeladen. Traditionell finden sich in ihnen Sätze für die Geschichtsbücher. Obama will mehr. Er muss eine Nation aufrichten.

Barack Obama: Diese Aufgaben kommen auf ihn zu
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Foto: AFP

Mit seinen Reden in der Wahlkampagne hat Obama bereits unter Beweis gestellt, was er am Rednerpult leisten kann. Er gilt als rhetorischer Zauberer, als meisterlicher Dramaturg mit feinem Gespür für Stimmungen. Auch mit Erwartungsdruck kennt Obama sich aus. Schon mehrfach sah er sich mit überbordernden Hoffnungen von Medien und Anhänger konfrontiert. Enttäuscht hat er sie nie. Weder bei seiner Ansprache im Stadion von Denver vor 80.000 Menschen, noch vor dem Brandenburger Tor in in Berlin. In Chicago legte er nach seinem Wahlsieg die Messlatte mit einer eindrucksvollen historischen Rede noch einmal höher.

Sätze wie Hammerschläge

Auch an diesem Dienstag, dem Tag seiner Amtseinführung, werden alle wieder gebannt an seinen Lippen hängen. Die Antrittsrede eines US-Präsidenten, die "inaugural adress", ist in Amerika traditionell der Platz für historische Momente. Sie soll sich im Gedächtnis einbrennen, Signale setzen für die Zukunft, der Nation den Weg weisen, die Menschen mitnehmen.

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Wer es schafft, Sätze zu formulieren, die sich über Jahrzehnte im Kollektivbewusstsein verankern, hat es geschafft. "Es gibt nichts Schlechtes in Amerika, was sich nicht durch das Gute an Amerika heilen ließe", sagte Bill Clinton 1993. "Fragt nicht, was Euer Land für Euch tun kann. Fragt, was Ihr für Euer Land tun könnt", dozierte John F. Kennedy vor seinen Zuhörern im Jahr 1961.

17 Minuten Redezeit

Jetzt ist Obama dran. 17 Minuten Redezeit sind eingeplant. Die Spekulationen schießen ins Kraut. Nicht wenige rechnen mit einem Verweis auf Martin Luther King. Obama selbst hat mit seinem Wahlsieg dafür gesorgt, dass dessen "I have a dream"-Rede Wirklichkeit wird.

Obama selbst hat am Vortag seiner Amtseinführung entsprechende Andeutungen gemacht. "Morgen werden wir dort stehen, wo seine Rede heute noch nachhallt", sagte Obama am Luther-King-Gedenktag, als er gemeinnützige Arbeiten in einem Obdachlosenheim und einem Krankenhaus verrichtete. Ganz in der Tradition des Bürgerrechtlers rief Obama zur Einigkeit auf. "Lasst uns an Kings Lehre erinnern, dass unsere getrennten Träume in Wirklichkeit einer sind", erklärte Obama mit Blick auf Kings legendäre Rede. Mit seinem Amtsantritt werde er die Arbeit des schwarzen Bürgerrechtlers fortführen und Amerikas Versprechen erneuern.

Das erneuerte Versprechen

Das Motiv des erneuerten Versprechens hat das Potenzial im Zentrum seiner heutigen Rede zu stehen. Aus den Reihen seiner Vertrauten ist zu hören, dass er sich mit der Verpflichtung jedes einzelnen, zur Verwirklichung des amerikanischen Traums beizutragen, auseinandersetzen wird. Der designierte Stabschef Rahm Emanuel sagte, Obama werde versuchen der Nation wieder den Geist des "anything goes" einzuhauchen, des "Alles ist möglich". Uramerkiansche Tugenden sollen zum Leben erweckt werden: Unternehmergeist, Vertrauen auf das Gute, Gemeinsinn.

In Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise selbst für einen Obama eine echte Herausforderung. Der 44. präsident steht vor der Aufgabe, die Visionen des amerikanischen Traums wieder zum Leben zu erwecken und der Nation einen neuen Zusammenhalt einzupflanzen. Die USA erneut für die Freiheit und die daraus folgende Verantwortung zu begeistern.

Ausgefeilte Dramaturgie

Er wird es angehen. Die Dramaturgie seiner Rede wird wie so oft einem festgeschriebenen Drehbuch folgen. Vermutlich wieder aus der Regie seines bekanntesten Redenschreibers, Jon Favreau, den Obama in sein Team holte, als er noch Junior-Senator im Bundesstaat Illinois war.

Der jetzige Präsident hatte schon immer ein Faible für Berufsanfänger wie Favreau. Ihre Begeisterung, ihre Ideen, ihr Improvisationstalent sollten später seine Kampagne im Rennen um die Präsidentschaft prägen. An diesem Dienstag möglicherweise ein ganzes Land.

Der Mann, dessen Rhetorik Favreau dem Vernehmen nach am intensivsten für Obamas Antrittsrede studiert hat, ist für einen Demokraten übrigens nicht unbedingt die erste Wahl. Es ist Ronald
Reagan, ein Republikaner.

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