Rick Santorum - neuer Star der US-Rechten Mr. Anti-Ultraschall kommt an

Washington · Der ultrakonservative 53-jährige Ex-Senator schiebt sich im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner nach vorn. Er lehnt Darwins Evolutionstheorie und Ultraschall-Untersuchungen bei Schwangeren ab. Homosexualität verdammt er ebenfalls.

Rick Santorum – religiös, bieder, konservativ
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Das ist Rick Santorum

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Foto: dapd, Eric Gay

Wenn Rick Santorum eine Bühne betritt, darf sein Pullunder nicht fehlen. Hollywood-Diva Scarlett Johansson macht Späße darüber. Falls das Kleidungsstück nicht ironisch gemeint sei, sagt sie, "trägt man so was doch höchstens noch für Familienfotos oder beim Dinner mit den Großeltern". Andere vergleichen Santorums Modegeschmack mit dem eines knochenharten Footballtrainers aus der Provinz. Und doch streift der Wahlkämpfer seinen Pullunder jedes Mal über, bevor er ins Scheinwerferlicht tritt. Das Strickteil ist das Erkennungszeichen eines Kandidaten, der sich in der Rolle des Kumpels gefällt.

Kein Zweifel, auf wessen Spuren er wandelt. 2000 gewann George W. Bush das Duell ums Weiße Haus, weil ihn die Wähler für einen netten Kerl hielten und ihm eklatante weltpolitische Wissenslücken verziehen. Santorum gibt den Arbeiterjungen aus dem Steel Valley, dem Tal der Stahlschmelzen bei Pittsburgh, wo zwar keine Schlote mehr rauchen, aber raue, herzliche Sitten bis heute zu Hause sind.

Der Anti-Romney

Kein Auftritt, bei dem er nicht von den schwieligen Händen seines Großvaters erzählt, eines italienischen Einwanderers, der im Bergwerk malochte. Keine Rede, in der er nicht auf die Eliten an Ost- und Westküste schimpft, die den Rest Amerikas weder kennen würden noch verstünden. Es geht um den Kontrast zu Mitt Romney, dem kühlen Investmentbanker und härtesten Konkurrenten von Santorum beim Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner.

Santorum hat Erfolg mit dieser Taktik. Vor den nächsten Vorwahlen in Arizona und Michigan liegt er in den Umfragen vor Romney oder zumindest gleichauf mit ihm. Sollte er beide Staaten gewinnen, ginge er mit viel Schwung in den "Super Tuesday" am 6. März, wenn die republikanische Basis gleich in zehn Bundesstaaten abstimmt.

Polemische Attacken gegen Obama

Doch der unerwartete Höhenflug hat eine Kehrseite: Er lässt den Außenseiter selbstbewusstere Töne anschlagen, polemischere Töne. Beim Auftakt in Iowa war er noch der rastlose Fleißarbeiter, dem man Respekt zollte, weil er monatelang durch die Prärie gefahren war, um selbst dann noch in Imbissbuden zu sprechen, wenn ihm nur drei, vier Interessierte zuhörten.

Heute profiliert er sich als Spitzenmann der religiösen Rechten, je deutlicher, umso angriffslustiger. Präsident Barack Obama, sagte Santorum vor evangelikalen Christen in Ohio, folge "irgendwelchen faulen Idealen, irgendeiner faulen Theologie, nicht einer Theologie, die auf der Bibel beruht". Er bringt diese These sogar mit der von ihm abgelehnten Klimaschutzpolitik in Verbindung — Obama versuche auf seinem Irrweg, die Erde über den Menschen zu stellen. Einer Gallup-Umfrage zufolge würden derzeit 49 Prozent der Amerikaner Obama und 47 Prozent Santorum wählen.

Abtreibungen lehnt er strikt ab - immer

Nicht weniger giftig sind Santorums Angriffe auf das staatliche Bildungssystem. Die älteren seiner Kinder ließ der frühere Rechtsanwalt daheim unterrichten — auch damit sie im Biologieunterricht nichts über Darwins Evolutionstheorie lernten. Nun münzt er seine private Entscheidung in eine Pauschalkritik um: "Als die Menschen von ihren Gehöften in diese großen Fabriken zogen, beschlossen wir, ähnliche Fabriken zu bauen. Fabriken, die sich öffentliche Schulen nannten."

Dass Schwangere per Ultraschall untersucht werden, lehnt der strenggläubige Katholik ab, denn in der Folge würden Embryos mit Behinderungen fast zwangsläufig abgetrieben. Zwar sind die meisten Konservativen gegen Abtreibungen, aber Santorum geht noch einen Schritt weiter: Nicht einmal bei vergewaltigten Mädchen oder Frauen will er Ausnahmen zulassen.

Homosexuelle nennt er Sodomiten

Die Pille hält er für eine "Lizenz, im Reich des Sexuellen Dinge zu tun, die allem widersprechen, wie es sein sollte". Homosexuelle nennt er Sodomiten, und als Schwulensprecher vor Jahren Kritik an seiner beleidigenden Wortwahl übten, warf er ihnen vor, einen Dschihad gegen ihn zu führen.

Das alles schien für eine Weile vergessen, da war der Mann mit dem Pullunder in erster Linie der tapfere Underdog. Jetzt sorgen seine Thesen erneut für Furore, zumal die Stammthemen der Religiösen wieder nach vorn rücken. Finanzkrise und Rekordarbeitslosigkeit hatten den Streit um Abtreibungsrecht oder Schwulenehe in den Hintergrund treten lassen. In dem Maße, wie die US-Wirtschaft an Fahrt aufnimmt, ändert sich das.

(RP/pst)
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