US-Präsident Obama und sein Wahlversprechen Guantanamo - ein wunder Punkt von vielen

Washington · Mitt Romney hat derzeit das, was die Amerikaner "Momentum" nennen. Nach seinen Siegen bei den Vorwahlen der in Iowa und New Hampshire ist der Republikaner der Star der Stunde – und greift schon jetzt Amtsinhaber Barack Obama an. Für den Demokraten läuft es derzeit schlecht. Der zehnte Jahrestag des Gefangenenlagers Guantanamo legt einer seiner zahlreichen Schwachpunkte bloß.

 Vor zehn Jahren wurden die ersten Gefangenen in Guantanamo interniert. Ihre offizielle Bezeichnung: "feindliche Kämpfer".

Vor zehn Jahren wurden die ersten Gefangenen in Guantanamo interniert. Ihre offizielle Bezeichnung: "feindliche Kämpfer".

Foto: dapd, Brennan Linsley

Mitt Romney hat derzeit das, was die Amerikaner "Momentum" nennen. Nach seinen Siegen bei den Vorwahlen der in Iowa und New Hampshire ist der Republikaner der Star der Stunde — und greift schon jetzt Amtsinhaber Barack Obama an. Für den Demokraten läuft es derzeit schlecht. Der zehnte Jahrestag des Gefangenenlagers Guantanamo legt einer seiner zahlreichen Schwachpunkte bloß.

"Barack Obama ist ein gescheiterter Präsident!" Mit harten Worten greift Romney, der inzwischen beste Chancen auf die Kandidatur seiner Partei hat, den Amtsinhaber an. Obama gerät in diesen Wochen an vielen Fronten unter Druck. Denn auch seine Wahlhelfer sind derzeit in zahlreichen Bundesstaaten unterwegs, um die Stimmung im Land zu testen. Die bisherigen Ergebnisse sind wenig erbaulich: Die Zustimmungswerte für den Präsidenten Obama fallen spürbar negativer aus als die Unterstützung für den einstigen Kandidaten.

Sinnbild Guantanamo

Zehn Jahre Guantanamo — das umstrittene Gefangenenlager auf Kuba steht derzeit als Sinnbild für die zahlreichen Zusagen und Versprechen Obamas, die er nicht einlösen konnte. Innerhalb eines Jahres nach seinem Amtsantritt wollte er das Gefängnis, das nach Einschätzung zahlreicher Experten gegen grundlegende Menschenrechte verstößt, schließen. Die Anklagen gegen die Insassen sollten überprüft werden, gefährliche Terror-Kämpfer in reguläre US-Gefängnisse überführt werden. Obama konnte sein Versprechen bisher nicht einlösen.

Guantanamo steht weiterhin für die Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit, die Bushs Regierung unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung betrieben hat. Der Name steht für Inhaftierungen ohne Anklage, Misshandlungen bei Verhören und eine Prozessführung, bei der reines Hörensagen schon Beweiskraft hat. Washington erfand den Begriff "feindlicher Kämpfer", um die Genfer Konventionen zu umgehen.

Erste Entscheidung nach 24 Stunden

Keine 24 Stunden nach seinem Amtsantritt ließ der neue Präsident Obama die Terrorverfahren in "Gitmo" aussetzen. Doch die tatsächliche Schließung erwies sich als komplizierter als erwartet. Das Weiße Haus musste gegen wachsenden Widerstand von Republikanern und Demokraten gleichermaßen ankämpfen.

Der Kongress verweigerte die finanziellen Mittel und blockierte wegen angeblicher Sicherheitsbedenken die Verlegung von Häftlingen. Viele Gefangene konnten nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil ihnen dort Verfolgung droht. Drittstaaten nahmen kaum Insassen auf. Wenig später kapitulierte Obama und erlaubte die Aufnahme neuer Militärprozesse in Guantanamo.

Vergiftetes Klima in Washington

Eine Niederlage für Obama, die weit über den konkreten Fall Guantanamo hinausgeht. Denn Obama, von seinen Anhängern einst als Heilsbringer gefeiert, wollte für einen neuen Ton in Washington sorgen. Künftig sollten wichtige Projekte von beiden großen Parteien gemeinsam vorangebracht werden. Obama, der die Gräben zuschüttet. Obama, der den Capitol Hill eint. Obama, der endlich die wahren Probleme der Menschen anpackt. Obama, der eine neue Ära einläutet.

Obama setzte mit seinen Versprechen auf eine weit verbreitete Washington-Wut in den USA. "In der Hauptstadt wird sich nur gestritten. Washington ist eine Insel. Washington kennt Amerika gar nicht!" So denken viele Amerikaner und glaubten an Obamas "Chance".

Guantanamo, Gesundheitsreform, Haushaltskrise

Genau dieses Versprechen, das wahrscheinlich Wichtigste von allen, konnte Obama bisher nicht einlösen. Guantanamo, Gesundheitsreform, Haushaltskrise: Das politische Klima in den USA scheint heute so vergiftet zu sein wie lange nicht mehr. Im Herbst stufte die Ratingagentur S&P die USA herab. Nicht primär wegen der horrenden Schulden. Wenn Amerika Geld braucht, druckt es Dollar. Solange es Papier gibt, können die USA immer ihre Schulden zahlen. Nein: S&P bezweifelte die Fähigkeit der USA, politische Konflikte zu lösen.

Viel Munition für Widersacher Mitt Romney, der sich offenbar in einem schwachen Bewerberfeld der US-Republikaner durchsetzen kann. Die große Frage bleibt: Kann der Ex-Gouverneur und Ex-Unternehmer entäuschte Obama-Wähler für sich gewinnen? Für eine Prognose ist es zu früh. "Momentum" ist in der US-Politik ein stark flüchtiges Element.

(csi)
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