Kritische Passagen China zensiert Obama-Rede

Shanghai/Seoul (RPO). US-Präsident Barack Obama stößt mit seiner Antrittsrede im Ausland nicht nur auf Wohlwollen. Mehrere Passagen der Ansprache sind in China der Zensur zum Opfer gefallen. Bei der Live-Übertragung schaltete der staatliche Fernsehsender China Central hektisch zurück ins Studio.

 Auch die chinesischen Zeitungen titelten flächendeckend mit Barack Obama.

Auch die chinesischen Zeitungen titelten flächendeckend mit Barack Obama.

Foto: AFP, AFP

Plötzlich sah der Zuschauer wieder eine Nachrichtensprecherin auf dem Bildschirm, die davon sichtlich überrascht wurde. Anlass war der Moment, zu dem der Übersetzer das Wort "Kommunismus" erwähnte. Obama hatte zu dem Zeitpunkt die US-Bürger daran erinnert, dass "frühere Generationen Faschismus und Kommunismus nicht allein mit Raketen und Panzern, sondern mit stabilen Allianzen und dauerhaften Überzeugungen" überwunden hätten.

Auch eine Passage, in denen der neue US-Präsident auf die Unterdrückung von Oppositionellen anspielte, ließen die Zensoren nicht durchgehen. So rief Obama in Washington: "An jene, die mit Hilfe von Korruption und Betrug und dem Zum-Schweigen-Bringen anderer Meinungen an ihrer Macht festhalten, wisst, dass Ihr auf der falschen Seite der Geschichte steht." Dieses Zitat schaffte es wie auch der Auszug über den Kommunismus nicht in die "Volkszeitung", das Organ der chinesischen Kommunistischen Partei. Auch die beiden größten Internetportale Sina und Sohu ließen die Passagen weg.

In China gilt besonders die Zensur chinesischsprachiger Texte als besonders streng, während englischen Artikeln mehr Freiraum gewährt wird. So konnten mehrere chinesische Zeitungen die Ansprache Obamas in englischer Sprache ohne Streichungen veröffentlichen. Auch die amtliche, englischsprachige Zeitung "China Daily" druckte die strittigen Zitate auf ihrer ersten Seite. Im Internet veröffentlichte sie die komplette Rede Obamas.

Im Nachbarland Nordkorea verlief die Zensur noch strikter. Dort fand die Amtsübernahme Obamas sowohl im Rundfunk als auch in den Zeitungen keine Erwähnung, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap meldete. Die Zeitung der nordkoreanischen KP, "Rodong Sinmun", veröffentlichte demnach zwar einen Artikel über ein Treffen zwischen dem Botschafter des Landes und dem Präsidenten von Äquatorialguinea, räumte dem Amtsantritt des ersten schwarzen Präsidenten der USA hingegen keine einzige Zeile ein.

(AFP)
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