SPD und Union uneinig Union setzt bei Russland-Sanktionen auf harten Kurs

Berlin · In der Russland-Politik mahnen SPD-Politiker und Wirtschaftsvertreter zur Mäßigung. Doch die Union beharrt auf einem harten Kurs gegenüber Putin. Die russische Zentralbank musste erstmals eingreifen.

Rubel-Absturz: Russen kaufen die Supermärkte leer
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In der Russland-Politik gehen die Meinungen in der Berliner Regierungskoalition zunehmend auseinander: Während immer mehr SPD-Politiker die Lockerung der EU-Sanktionen gegenüber dem wirtschaftlich angeschlagenen Russland ins Gespräch bringen, setzen Unionspolitiker weiter auf einen harten Kurs gegenüber Moskau. "Ich halte nichts davon, jetzt eine Debatte über die Russland-Sanktionen zu beginnen, wie manche in der SPD das tun", sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. "Die Sanktionen sind ja gerade dazu da, dass sie in Russland genau die negativen wirtschaftlichen Wirkungen entfalten, die wir jetzt sehen." "Ich bin absolut für den harten Kurs, den die Kanzlerin gegenüber Russland fährt", betonte Fuchs.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ringt seit Monaten mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin um eine Lösung des festgefahrenen Ukraine-Konflikts. Schon der EU-Gipfel hatte sich in der vergangenen Woche nur mit Mühe zur Fortsetzung der Sanktionen durchgerungen. Merkel versuchte gestern mit Frankreichs Präsident François Hollande, dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und Putin erneut in einer Telefonkonferenz, den Konflikt zu entschärfen.

Russland hatte im Februar die Krim völkerrechtswidrig annektiert. In der Ukraine führt Russland zudem einen verdeckten Krieg. Vereinbarungen über Waffenstillstände wurden von Moskau wiederholt missachtet. Putin steht wirtschaftlich unter Druck: Die Wirtschaftssanktionen der EU und der USA sowie der rasante Ölpreisverfall ließen den Rubel-Kurs um 50 Prozent einbrechen. Die russische Zentralbank musste gestern erstmals eine Geschäftsbank vor der Pleite retten und stützte die Trust-Bank mit 30 Milliarden Rubel (433 Millionen Euro).

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"Die Kanzlerin weiß ganz genau: Wenn der Westen jetzt weich wird, dann wird Putin seine völkerrechtswidrige Linie weitergehen. Nur wenn die Russen sich an Verabredungen halten und den Krieg in der Ukraine beenden, sind wir auch bereit, die Sanktionen zu lockern", betonte CDU-Politiker Fuchs.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte sich dagegen am Wochenende besorgt über die Lage in Russland geäußert und vorsichtig Kritik am harten Kurs Merkels geübt. "Die Sanktionen gegen Russland dürfen kein Selbstzweck sein. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Ukraine und der wirtschaftlichen Verschlechterungen in Russland müssen wir die Sanktionen immer wieder neu bewerten", sagte auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen.

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Auch in der deutschen Wirtschaft mehren sich kritische Stimmen: "Sanktionen werden weder die russische Wirtschaft noch die russische Politik in die Knie zwingen und auch mittelfristig nicht zum erhofften Ziel führen", sagte der Chef des Ost-Ausschusses der Wirtschaft, Eckhard Cordes. "Wir begrüßen daher die jüngsten Stellungnahmen, die angesichts der Wirtschaftskrise in Russland vor einer Verschärfung der Sanktionen warnen und zur Mäßigung aufrufen." Die Wirtschaft werde aber die beschlossenen Sanktionen uneingeschränkt umsetzen.

In Russland aktive NRW-Konzerne dringen ebenfalls auf mehr Vorsicht. Metro-Chef Olaf Koch warnte vor "Dogmatismus in der Diskussion". Henkel-Chef Kasper Rorsted sagte, die Sanktionen hätten in Deutschland bereits etwa 100 000 Jobs gekostet. Der Stromkonzern Eon erklärte, es gelte weiter "uneingeschränkt der Primat der Politik". Leitartikel Seite A 2

(mar, jd)
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