„Geheimdienstliche Agententätigkeit“: Mitarbeiter von AfD-Politiker Krah offenbar wegen Spionage festgenommen
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Regierungskräfte geben chaotisches Bild ab Unfähigkeit lähmt thailändisches Militär

Bangkok (RPO). Soldaten werden vom eigenen Tränengas attackiert. Ein zerplatzender Luftballon alarmiert ein Polizeieinsatzkommando. In dem seit zwei Monaten währenden Machtkampf in Thailand geben die Regierungsgegner zuweilen ein organisierteres Bild ab als die staatlichen Einsatzkräfte, die Inkompetenz, gespaltene Loyalitäten und internen Streit offenbaren.

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Foto: AFP

Umstellt von Sicherheitskräften hangelt sich ein Führer der Protestbewegung unter dem Jubel von Anhängern an einem Seil vom Hotelbalkon. Manche Soldaten scheinen Befehlen nicht folgen zu wollen. Andere sympathisieren offen mit den "Rothemden". Statt den Protest im Keim zu ersticken, ließen sie es zu, dass die Demonstranten Zulauf bekamen und sich festsetzen konnten.

"Wenn die Organisation und das Durchhaltevermögen der Rothemden überraschend waren, dann war das Verhalten der Sicherheitskräfte nichts weniger als alarmierend", findet der Sicherheitsexperte Anthony Davis aus Bangkok. "Eine bemerkenswerte Zurschaustellung von Unfähigkeit und Untätigkeit hat dazu geführt, dass Teile der Hauptstadt seelenruhig dem Mob überlassen wurden."

Von großer Streitmacht keine Spur

Die Staatsmacht versucht ein drei Quadratkilometer großes Gebiet abzuriegeln, in dem sich einige tausend Regierungsgegner hinter Bambusspießen und Reifen verbarrikadiert haben. Bei den Unruhen wurden bislang mindestens 66 Menschen getötet und über 1.600 verletzt. Es gibt Anzeichen dafür, dass der Plan funktioniert. Die Zahl der Demonstranten hinter den Barrikaden ist nach amtlichen Angaben von über 10.000 noch vor einer Woche auf rund 3.000 geschrumpft.

Groß hatte die Regierung verkündet, dass eine überwältigende Streitmacht von über 30.000 Mann mit Kolonnen gepanzerter Fahrzeuge in Marsch gesetzt würde. Tatsächlich belagert nur eine unzureichende Zahl von Soldaten das Camp der Rothemden. Selbst in verringerter Zahl sind die Regierungsgegner imstande, Ausfälle zu machen und den zuweilen konfusen Truppeneinheiten in verschiedenen Teilen der Stadt Straßenkämpfe zu liefern.

Armeechef vor dem Abschied

Viele, vor allem einfache Polizisten sind Anhänger der Rothemden und ihres Idols, des gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, dessen Laufbahn bei der Truppe begann. Sie und Sympathisanten unter den Soldaten werden im Volksmund "Wassermelonen" genannt: außen grüne Uniform, innerlich Rothemd. Mehrere frühere Armeeoffiziere dienen den Regierungsgegnern als militärische Ratgeber. Dazu zählte auch Generalmajor Khattiya Sawasdiphol, der in der vergangenen Woche offenbar von einem Scharfschützen erschossen wurde.

Doch die lähmende Zerrissenheit der Königlich Thailändischen Streitkräfte ist komplizierter. Das Militär spielt in der Politik immer noch eine einflussreiche Rolle und hat in der jüngeren Geschichte etliche Male geputscht. Nicht selten ist der Befehlshaber der Streitkräfte mächtiger als der Regierungschef.

Der derzeitige Oberkommandierende, General Anupong Paojinda, hat versichert, dass die Streitkräfte einig hinter "der Nation, dem Volk und Seiner Majestät" König Bhumibol Adulyadej stehen. Zu Beginn der Krise hatte Anupong gezögert, gewaltsam vorzugehen. Er fürchtet dem Vernehmen nach, zum Sündenbock zu werden und sich vor seinem Abschied im September noch die Hände schmutzig zu machen.

Gerangel um Beförderungen

Seine Männer haben bestenfalls halbherzig versucht, die Notstandsdekrete und andere Anordnungen der schwachen Koalitionsregierung von Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva durchzusetzen. Die mäßigen Bemühungen sind möglicherweise auf widersprüchliche Signale an die Soldaten zurückzuführen: Anupongs Stellvertreter und voraussichtlicher Nachfolger General Prayuth Chan-ocha ist bekanntermaßen für aggressives Vorgehen.

"Das Militär ist intern gespalten; viele ranghohe Offiziere versuchen sich gegen Rivalen durchzusetzen und zweifeln zugleich am Willen der einfachen Soldaten, gegen ihre eigene Gesellschaftsschicht energisch vorzugehen", vermutet der Sicherheitsexperte G.M. Greenwood von der Beratungsfirma Allan and Associates in Hongkong. Mitten in der Krise sind Offiziere mit dem Postengerangel beschäftigt, das dem alljährlichen Beförderungsschub im Herbst voranzugehen pflegt.

Hartnäckig halten sich Spekulationen, dass während der schlimmsten Auseinandersetzungen am 10. April mit 25 Toten und über 800 Verletzten eine Gruppe von Militärs selbst die Hand im Spiel hatte, als ein Oberst getötet und zwei Offiziere verwundet wurden. Sie standen alle Prayuth nahe und waren zur Beförderung vorgesehen. Anderen Theorien zufolge waren dischwarz gekleidetenen, auf Video festgehaltenen Mörder den Rothemden nahestehende ehemalige Armeeangehörige oder Mitglieder einer militärischen Einheit der Regierungsgegner.

Slapstick mit Luftballon

Der Ministerpräsident verteidigt das Verhalten der Streitkräfte und bleibt dabei, dass Militär und Regierung einig sind. "Ich glaube, es wäre unfair zu sagen, dass das Militär erfolglos war bei seinen Vorhaben", sagte Abhisit. Bislang ist die Bilanz allerdings nicht beeindruckend.

Einsätze wurde noch vor Beginn angekündigt. Als Anführer der Rothemden mit relativ wenigen Anhängern das Lager verließen, waren nicht genug Mann zur Stelle, um sie gefangen zu nehmen. Bei den jüngsten Zusammenstößen zogen sich Soldaten nach Geländegewinnen einfach wieder auf ihre Position zurück. Andere gaben gepanzerte Fahrzeuge auf gegenüber Demonstranten, die mit kaum mehr als Steinen und Bambusspeeren bewaffnet waren.

Bisweilen hat das Vorgehen von Polizei und Soldaten schon etwas von Slapstick. Als der Rothemden-Anführer Arisman Pongruangrong von Polizisten umstellt war, seilte er sich zur großen Freude seiner Anhänger vom Hotelbalkon ab und entkam. Soldaten, die einen Fernsehsender bewachten und gegen anstürmende Demonstranten Tränengas einsetzten, trugen keine Masken und bekamen selbst das Heulen, als der Wind drehte. Als an einem festlich geschmückten Restaurant ein Luftballon der Dekoration platzte, gingen die Polizisten vor dem Lokal panisch in Deckung. Der Restaurantbesitzer hielt es dann doch für besser, die Ballons wieder abzunehmen.

(apd/nbe)
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