US-Präsident zu Gast bei EU und Nato So kommentieren die Medien Trumps Auftritt in Brüssel
Der Auftritt des US-Präsidenten Donald Trump bei der EU in Brüssel und beim Nato-Gipfel ist von vielen Zeitungen im In- und Ausland kommentiert worden. Wir werfen einen Blick in die Meinungsspalten.
Die Welt: "Trump ist ein Segen für die Nato. Sein Drängen, sein Nerven und seine Hartnäckigkeit haben dazu geführt, dass sich die Allianz nach jahrelangem Winden endlich mehr im Kampf gegen den internationalen Terrorismus engagiert. Gleichzeitig werden die Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren deutlich steigern. Es gibt aber noch mehr zu tun. Die Nato muss den Dialog mit Russland intensivieren. Die Alibitreffen von Botschaftern im Rahmen des Nato-Russland-Rates mit dem immer gleichen Geplänkel reichen nicht."
Berliner Zeitung: "Bei dem nicht einmal einstündigen Treffen mit der Europäischen Union in Brüssel kam heraus, was die Optimisten erwartet hatten: nichts. Bei der Nato wird es hoffentlich ähnlich sein. Aber es ist fast gleichgültig. Trump wird sich an keine Vereinbarung halten. Ein Deal ist nur dann ein Deal, wenn er ihm nützt und nur solange. Wir werden nicht nur mehr Geld für Kriege – wir sagen 'Verteidigung' – ausgeben. Wofür das Geld dann ausgegeben werden wird, darüber werden im Wesentlichen die USA bestimmen. Das wird unser milliardenschwerer Beitrag sein zu 'Make America Great Again'. Wir können von Glück reden, wenn es nur dabei bleibt."
Stuttgarter Zeitung: "Die hochsommerlichen Temperaturen haben das Eis nicht schmelzen lassen. Auch nach seinem ersten Besuch in Europa bleibt der US-Präsident für die Europäer ein Fremdkörper. Wer gehofft hatte, dass die persönliche Begegnung eine positive Dynamik in Gang setzen würde, ist enttäuscht. Bei wichtigen Politikbereichen sind die Abgründe, die Trump von der EU trennen, nicht geringer geworden. Für die EU mag die Person Trump letztlich sogar ein Vorteil sein: Er schweißt die EU stärker zusammen. Die Europäer müssen erkennen, wie wenig sie von Amerika erwarten dürfen und wie sehr die Zukunft des Kontinents vom Erfolg der EU abhängig ist."
Lausitzer Rundschau: "Donald Trump bleibt ein unangenehmer Partner für die Europäer. Die hochsommerlichen Temperaturen haben das Eis nicht schmelzen lassen. Auch nach seinem ersten Besuch in Europa bleibt der US-Präsident für die Europäer ein Fremdkörper. Er fertigt die EU regelrecht ab. Für die EU mag die schwierige Person Trump letztlich sogar ein Vorteil sein. Die Europäer haben nun die Gelegenheit, erwachsen zu werden. Sie müssen erkennen, wie wenig sie von Amerika erwarten dürfen und wie sehr die Zukunft des Kontinents vom Erfolg der EU abhängig ist. Heikler ist die Lage in der Nato. Hier sitzt Trump mit am Tisch. Da ist es überaus schwierig, wenn er bei einem Festakt vom Leder zieht wie jetzt wieder in Brüssel."
Weser-Kurier: "Die EU und auch die Nato müssen ihre Rollen in diesem neuen Spiel erst noch finden, wie es scheint. Die Begegnung war ein erstes Abtasten, was möglich ist. Besänftigen lässt sich der so oft polternde Präsident durch Außenstehende wohl kaum: Schon in den eigenen Reihen werden unliebsame Widerständler schlicht aus ihren Ämtern enthoben – und sei es der FBI-Chef persönlich. Was Europa nun braucht, ist eine Strategie, wie man Trump notwendige Dinge wie die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens als seine eigene Idee verkaufen kann. Denn eines scheint inzwischen doch überdeutlich zu sein: Der Mann, der von sich glaubt, er habe den Brexit vorausgesehen, tut nur das, was ihm gefällt."
Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg): "Daran hat auch dieser Nato-Gipfel nichts geändert: Ein Aufeinandertreffen mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump stellt zumindest für Europäer immer eine Art Kulturschock dar. Trump tut so, als leiste die Nato keinen Beitrag zum Krieg gegen den IS – völliger Humbug. Jedes einzelne Nato-Land ist an diesem Kampf beteiligt – seit gestern auch rein formell das Bündnis an sich. Dadurch wird aber kein Kampfjet mehr abheben oder auch nur ein Soldat mehr entsandt. Der Beschluss drückt schließlich nur aus, was längst ist."
Neue Osnabrücker Zeitung: "Musste sich das Bündnis Trumps Forderung nach Beitritt zur Anti-Terror-Allianz fügen, der die einzelnen Mitglieder ohnehin schon angehören? Was als symbolisches Zugeständnis gedacht sein mag, könnte sich bitter rächen: Die Nato läuft nun Gefahr, in irrationale Alleingänge des schwer berechenbaren Trump hineingezogen zu werden und dabei Glaubwürdigkeit einzubüßen. Der US-Präsident hat kein schlüssiges Konzept für eine Befriedung Syriens und des Irak. Mit seiner Unterstützung für kurdische Milizen in Syrien riskiert er zugleich einen scharfen Nato-internen Konflikt mit der Türkei, der das Bündnis schwächen könnte."
Volksstimme (Magdeburg): "Wer sich wie Deutschland jedoch zu höheren Ausgaben verpflichtet, muss aber auch auf gemeinsame Strategien pochen. Diese waren bei der Nato in den vergangenen Jahren – wenn überhaupt – nur marginal erkennbar. Geld allein garantiert keine Sicherheit. Der Gipfel wäre erst dann ein erfolgreicher, wenn die Nato beispielsweise im Kampf gegen den IS endlich geschlossen vorgehen würde. Es ist zweifelhaft, ob das mit Trump gelingen wird."
Allgemeine Zeitung (Mainz): "Noch vor Kurzem stellte der Mann, der zum US-Präsidenten gewählt wurde, die Existenzberechtigung des Nordatlantikpakts in Frage. Mittlerweile scheint er begriffen zu haben, dass dieses Getöse gefährlicher Unsinn war, hart am Verrat. Nun, vor Ort in Brüssel, trompetet er einmal mehr in Sachen Geld und gibt den starken Mann. Das macht sich gut, daheim, vor allem bei dem Teil seiner Fans, den man besser nicht fragt, ob Brüssel in Frankreich, Holland oder Deutschland liege. Skurril wird es, wenn der US-Präsident vor Russland warnt – dem Land, das möglicherweise den Wahlkampf zugunsten Trumps manipulierte."
Stuttgarter Nachrichten: "Für die EU mag Trumps schwieriger Charakter letztlich sogar ein Vorteil sein. Er schweißt die EU stärker zusammen. Die Europäer haben nun die Gelegenheit, erwachsen zu werden. Sie müssen erkennen, wie wenig sie von Amerika erwarten dürfen und wie sehr die Zukunft des Kontinents vom Erfolg der EU abhängig ist. Heikler ist die Lage in der Nato. Hier sitzt Trump mit am Tisch. Er ist Regierungschef des mit Abstand wichtigsten Mitgliedslands. Da ist es schwierig, wenn der derart problematische Verhaltensweisen an den Tag legt."
Landeszeitung (Lüneburg): "Das war ein Missverständnis mit Ansage. Eilfertig hatten sich die Nato-Zwerge bemüht, dem Riesen im Bündnis in vorauseilendem Gehorsam entgegenzukommen, in dem Glauben, Trumps Überzeugungen und der weltpolitischen Rolle der Nato gleichermaßen dienen zu können. Doch Trump ist die Rolle der Nato in der Welt egal, ihm geht es um den Zuspruch seiner Anhänger. Und so hielt er im Brüsseler Hauptquartier des Militär- und Wertebündnisses eine Wahlkampfrede – ausgerichtet auf die Halbzeitwahlen seiner Präsidentschaft im kommenden Jahr. Trumps Kritik an der ungleichen Lastenverteilung im Bündnis ist nur dann schlüssig, wenn man wie er ignoriert, dass die Nato vor allem ein Machtinstrument der USA ist, um Washingtons hegemoniale Vorherrschaft abzusichern."
Der Standard (Österreich): "Von Saudi-Arabien und dem Vatikan kommend, erzählte Trump den EU-Spitzen, wie er die Welt dort sah. (...) Trump hob in Brüssel den 'Kampf gegen das Böse' hervor, warb auch für Frieden. Damit werden die EU-Partner leben müssen. Klagen hilft nicht. Und: Trump hat einen Vorteil. Er hält den Europäern den Spiegel vor, sagt, wie schwach sie beim Thema Sicherheit sind. Für alle leicht verständlich."
The Times (Großbritannien): "Da wäre so manches diplomatisch zu glätten gewesen. Doch der US-Präsident benutzte seine Rede in Brüssel nicht, um den Nato-Grundsatz der kollektiven Verteidigung öffentlich zu bekräftigen. Dabei gab es mit der Enthüllung eines Denkmals für die Terrorangriffe vom 11. September 2001 einen eigens arrangierten symbolischen Akt. Doch die passenden Worte wurden nicht gesprochen. Der Terroranschlag auf die USA war bislang der einzige Fall, bei dem die Nato-Mitglieder Artikel 5 der Charta aktivierten – das Versprechen aller Mitglieder, einem bedrohten Verbündeten gemeinsam zur Hilfe zu kommen. Mehr als 1000 Soldaten aus anderen Nato-Ländern als den USA sind im Kampf gestorben, um die Verpflichtung aus diesem grundlegend wichtigen Artikel zu erfüllen."
La Vanguardia (Spanien): "Wie bei vorherigen Etappen dieser seiner ersten Auslandsreise (Saudi-Arabien, Israel, Vatikan) hat Donald Trump sein bestes Gesicht gezeigt und sich selbst korrigiert. Er hat den Kandidaten Trump richtiggestellt, der den Nordatlantikpakt als 'veraltet' bezeichnet hatte. Gestern ist die Organisation ihm sehr lebendig erschienen – Rüffel eingeschlossen. Der Besuch hat zwar nicht alle Differenzen beseitigen können, die Trump von seinen europäischen Alliierten trennt, besonders bei den Themen Russland, Handel, Klimawandel und Verteidigungsausgaben. Aber alles verlief in einer konstruktiven Atmosphäre, die sogar nicht frei von Herzlichkeit war. Das lässt eine fruchtbare Beziehung erwarten."
Kommersant (Russland): "Der Nato-Gipfel in Brüssel hat gezeigt: Das Bündnis übernimmt faktisch die Agenda des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Der fordert, statt der Konfrontation mit Russland den Kampf gegen den Terrorismus in den Blick zu nehmen. Diese Aufgabe erfüllen soll vor allem die geplante Aufstockung des Nato-Kontingents in Afghanistan – die derzeitige Präsenz westlicher Truppen reicht eindeutig nicht aus, um die Lage im Land zu stabilisieren. Außerdem schließt sich die Nato offiziell dem Kampf gegen den Terrorismus im Irak an. Das sendet nach Meinung der Führung des Bündnisses ein politisches Signal nach Bagdad und hilft, den Einsatz der einzelnen Partner besser zu koordinieren."
De Tijd (Belgien): "Seine Botschaft, dass die Nato 'überholt' sei, wiederholte Trump nicht. Seine Anwesenheit bei der Einweihung des neuen Hauptquartiers der Allianz sendete das entgegengesetzte Signal. Und mit seinem Plädoyer, dass die Europäer die Vereinbarungen über ihren Beitrag zum Nato-Budget einhalten müssen, wiederholt er nur, was bereits sein Vorgänger Barack Obama forderte. Auch was der amerikanische Präsident über den Brexit sagte, ist bemerkenswert. Er äußerte seine Sorge, dass der Weggang Großbritanniens aus der Europäischen Union zum Verlust von Arbeitsplätzen selbst in den Vereinigten Staaten führen könnte. (...) Das genügt jedoch nicht, um plötzlich glücklich über diesen Präsidenten zu sein. Wichtige politische Aufgaben sind noch ungelöst. Das reicht vom reibungslosen Handel, über den Kampf gegen den Klimawandel bis zur Abwehr des kriegslüsternen Russlands sowie echter internationaler Führung – all das geschieht derzeit nicht."
Le Républicain Lorrain (Frankreich): "Vor zwei Monaten ignorierte er (Trump) vor den Kameras die ausgestreckte Hand von Angela Merkel und sorgte damit für Panik bei seinen Mitarbeitern. Gestern war in Brüssel mit dem "fantastischen" und energischen Handschlag, den Emmanuel Macron nicht vergessen dürfte, genau das umgekehrte Schauspiel zu sehen. Das ist eine Genugtuung für den französischen Präsidenten. Aber ein gelungenes Foto beseitigt nicht die Unklarheit von Trumps Ideen über die Finanzierung der Nato, Zollschranken für Importe (...) und die Einhaltung von Verpflichtungen (seines Vorgängers Barack) Obama im Kampf gegen die Erderwärmung."