Italiens Ex-Premier lanciert Comeback Und wieder droht der Berlusconi

Düsseldorf · Er ist inzwischen 75 Jahre alt und steht wegen Bunga-Bunga und Betrugsvorwürfen vor Gericht. Dennoch arbeitet Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi an einem Comeback als starker Mann Italiens. So profiliert er sich unter anderem als Euro-Kritiker und Plagegeist von Ministerpräsident Mario Monti.

Silvio Berlusconi: Aussetzer und Leben des Cavaliere
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Silvio Berlusconi: Aussetzer und Leben des Cavaliere

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Foto: dpa/Angelo Carconi

Silvio Berlusconi ist ein Phänomen. Etwas mehr als ein halbes Jahr liegen die Jubelfeiern auf den Straßen Roms zurück. Berlusconi hatte sich dem Druck von Öffentlichkeit und Finanzmärkten gebeugt, an seine Stelle trat der Technokrat und Wirtschaftsprofessor Mario Monti.

Doch in diesem Sommer zeigt sich abermals: der durch seine zahllosen Affären berühmt-berüchtigte "Cavaliere" ist nicht kleinzukriegen. Trotz seines respektablen Alters hat er scheinbar nichts an Ehrgeiz und Virilität eingebüßt. Vor wenigen Tagen berichtete eine junge Dominikanerin, dass Roms Ex-Premier in seiner Villa auch weiterhin seiner Vorliebe für ausschweifender Partys mit jungen Mädchen nachgehe.

Ultmatum an Monti

Eigentlich gilt im römischen Parlament eine Art Nicht-Angriffspakt. Angesichts der erdrückenden Schuldenkrise haben sowohl Linke als auch Rechte Montis Expertenregierung ihre Unterstützung zugesichert. Doch der Frieden ist zerbrechlich. Zuletzt drohte Berlusconi sogar offen. Sollte der vom kommenden EU-Gipfel in Brüssel für Italien nicht etwas Zählbares mitbringen, sei Schluss mit dem Burgfrieden. Von Neuwahlen im Oktober ist die Rede.

Berlusconi verlangt offenbar, dass Monti den eisernen Spargriff lockert. Derzeit muss wieder ein schwerer Reformbrocken durchs Parlament: die umstrittene Arbeitsmarktreform. Das nächste Sparpaket steht bereits auf der Schwelle. Um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu vermeiden, will Monti Milliarden in Ministerien und Verwaltung einsparen. Seine Popularität hat in den vergangenen Wochen schwer gelitten. Vor allem die Steuererhöhungen nehmen ihm viele Italiener übel.

"Gebt mir 51 Prozent!"

Da nun die nationale Not-Allianz wackelt, verspürt der unverwüstliche Berlusconi ganz offensichtlich Rückenwind. Vieles von dem, was er in den jüngsten Wochen vom Stapel lässt, klingt bereits nach Wahlkampf. Ende vergangener Woche tönte er vor jungen Anhängern seiner Partei, der rechtspopulistischen PDL: "Ich arbeite an Lösungen. Ich bin immer noch da." Unmissverständlich deutet er an, dass er dafür nur eine Mehrheit brauche. "Gebt mir 51 Prozent", rief Berlusconi und erntete stürmische Silvio-Rufe.

In seiner neuen Offensive geriert sich Berlusconi überraschend eindeutig als Euro-Skeptiker. Offen denkt er über einen Euro-Austritt nach, wenn der Italien doch nur höhere Steuern und Abgaben einbringe. Auf seiner Facebook-Seite spekulierte Berlusconi über eine neue Lira. "Den Euro zu verlassen ist keine Blasphemie", heißt es dort .

Umfragen machen ihn gefährlich

Kein Ausreißer. Für Aufregung sorgte der Cavaliere bereits Anfang des Monats mit einem gewagten Rezept gegen die Krise. Die italienische Notenbank könne doch neue Euro-Scheine oder auch Lira drucken könne. "Nur ein Scherz", hieß es später. Wie schon so oft bei Berlusconi.

Seit mehreren Wochen bringt sich Berlusconi gerne auch über Bande als Kandidat für die Nachfolge von Staatspräsident Giorgio Napolitano ins Gespräch. Dessen Zeit endet 2013. Er habe keine Ambitionen auf das Amt, aber es gebe Verantwortlichkeiten, über die man nicht hinweggehen könne, sagte Berlusconi. Dem 75-Jährigen käme das Amt sicherlich nicht ungelegen. Er könnte sich damit abermals den Strafprozessen gegen ihn entziehen.

Doch so kraftmeierisch Berlusconi nun auch agitiert — im politischen Wettbewerb ist seine PDL inzwischen auf den dritten Rang zurückgefallen. In Umfragen liegt sie bei etwa 15 Prozent. Der Absturz in der Wählergunst könnte Berlusconis Partei allerdings umso gefährlicher machen. Im Parlament hat seine PDL immer noch genug Macht, um Montis Regierung zu Fall zu bringen und Europas Krise zu vertiefen.

(pst)
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