Sitzung des UN-Sicherheitsrats Heftiger Streit zwischen Serbien und dem Kosovo

New York · Der Kosovo betont seine friedlichen Absichten, Serbien sieht dies anders. Eine Sicherheitsratssitzung über eine geplante Armeegründung legt den seit zwei Dekaden schwelenden Konflikt offen.

 Serbiens Präsident Aleksandar Vucic spricht bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic spricht bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats.

Foto: AP/Craig Ruttle

An der geplanten Armeegründung im Kosovo hat sich im UN-Sicherheitsrat ein heftiger Streit zwischen Präsident Hashim Thaci und seinem serbischen Kollegen Aleksandar Vucic entzündet. Vucic warf dem Kosovo vor, mit einer Umwandlung der Sicherheitskräfte in ein Heer gegen eine UN-Resolution von 1999 zu verstoßen. Er würde gerne wissen, aus welchem Dokument „sie ihr sogenanntes souveränes Recht herleiten, ihr eigenes Militär zu bilden“, erklärte er am Montag. „Wo steht das geschrieben? – Ich kann es Ihnen im Vorhinein sagen – nirgends.“

Thaci konterte, sein Land sei eine souveräne Nation und habe ein absolutes Recht, eine eigene Armee zu bilden. Wenn der Kosovo überhaupt einen Fehler gemacht habe, dann damit fünf Jahre lang gewartet zu haben. Mit kaum verhohlener Kritik an Serbien ergänzte Thaci: „Es kam verspätet, weil wir auf Entgegenkommen von jenen warteten, die nie Entgegenkommen gegenüber dem Kosovo gezeigt haben.“

Die überwiegend albanische Führung des Kosovos hatte sich 2008 für unabhängig erklärt, Serbien erkennt diese Entscheidung seiner ehemaligen Provinz nicht an.

Vergangene Woche hatte das Parlament des Kosovos mit überwältigender Mehrheit beschlossen, die 4000 Mitglieder starken Sicherheitskräfte in ein reguläre, leicht bewaffnetes Heer umzuwandeln. Abgeordnete der serbischen Minderheit boykottierten die Abstimmung. Sie befürchten, die Truppen würden genutzt, um die Serben aus dem von ihnen besiedelten Norden des Kosovos zu vertreiben. Die Regierung in Pristina hat dies vehement zurückgewiesen.

Im UN-Sicherheitsrat hat Serbien die Rückendeckung seines engen Verbündeten Russland, das in dem mächtigen Gremium mit Vetomacht ausgestattet ist.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensia übte scharfe Kritik am Kosovo. Es handele mit der Armee-Entscheidung rechtswidrig. „Die Situation ist explosiv geworden“, warnte er. Die größte Sorge sei die Möglichkeit, dass bewaffnete kosovarisch-albanische Einheiten in die von Serben bewohnten nördlichen Regionen des Kosovos einfallen könnten, um mit Gewalt die Kontrolle über das gesamte Gebiet zu erringen. Ein „solches Szenario könne zu Blutvergießen führen und sich zu einer echten Katastrophe werden, den Balkan in eine Periode des Aufruhrs zurückversetzen und Bemühungen um eine Stabilisierung der Region begraben“. Zugleich betonten Nebensia und Vucic, dass Serbien bisher Zurückhaltung habe walten lassen.

Letzterer beschwor den Sicherheitsrat, die Aktionen des Kovosovos zu „zähmen“. Dies gelte auch für die jüngsten Zollerhöhungen auf Güter aus Serbien und Bosnien von zehn auf 100 Prozent, sagte Vucic. Sein Land bitte die UN, künftig eine größere Rolle einzunehmen.

Kosovos Staatschef Thaci entgegnete, die Entscheidung des Parlaments sei „unumkehrbar“. Doch werde die Umwandlung der Sicherheitskräfte in ein Heer in enger Abstimmung mit der Nato geschehen und eine professionelle, multiethnische Streitmacht hervorbringen. Der Umbau richte „sich nicht gegen irgendjemanden“, sagte er, und: „Kosovos Armee ist und wird nie eine Bedrohung für irgendjemanden sein.“ Der nördliche Nachbar habe nicht „ein Problem mit Kosovos Armee, sondern mit der schieren Existenz des Kosovos als unabhängiger und souveräner Staat.“

Vor der Sondersitzung des Sicherheitsrats gaben acht europäische Länder eine gemeinsame Erklärung heraus, in der sie das „souveräne Recht“ des Kosovos unterstützten, allmählich seine Sicherheitskräfte in eine Armee umzuwandeln. Dies sollte aber ein „transparenter und inklusiver Prozess“ über einen Zeitraum von zehn Jahren sein, in den alle Gemeinden des Landes eingebunden sein sollten. Die Staaten – Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Polen, Schweden und das Vereinigte Königreich – mahnten zudem eine Einigung auf normalisierte Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo an.

(mlat/dpa)
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