Frankreichs Umweltminister tritt zurück Macron muss herben Verlust hinnehmen

Paris · Der französische Umweltminister Nicolas Hulot ist am Dienstag überraschend zurückgetreten. Damit könnte eine größere Regierungsumbildung folgen.

 Frankreichs Präsident Emmanuel Macron muss künftig ohne Umweltminister Nicolas Hulot (im Vordergrund) auskommen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron muss künftig ohne Umweltminister Nicolas Hulot (im Vordergrund) auskommen.

Foto: AP/Armando Franca

Nicolas Hulot ließ die Bombe am Dienstagmorgen um 8.27 Uhr platzen. „Ich entscheide mich, die Regierung zu verlassen“, sagte der beliebteste Minister Frankreichs im Radiosender France Inter. Auch Emmanuel Macron erfuhr erst in diesem Moment von der Entscheidung des früheren Fernsehmoderators, den er vor gut einem Jahr zum Eintritt in die Regierung überredet hatte. „Wenig höflich“ nannte Regierungssprecher Benjamin Griveaux diese Vorgehensweise, die aber die Verzweiflung Hulots zeigt.

Der bekannte Öko-Aktivist war das grüne Feigenblatt im Kabinett, ohne in den 15 Monaten im Amt viel erreicht zu haben. Im November musste der 63-Jährige verkünden, dass die Energiewende auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Eine Niederlage, die er als „Pragmatismus“ verkaufte, in Wirklichkeit aber eine Geste an die Atomindustrie des Landes war. Auch Fessenheim, das älteste Akw des Landes, wird frühestens 2020 abgeschaltet.

„Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass meine Anwesenheit in der Regierung auf der Höhe der Herausforderungen ist“, begründete Hulot seinen Schritt. „Ich will nicht mehr lügen.“ Nicht nur in der Atompolitik, sondern auch in der Landwirtschaft konnte der Gründer einer eigenen Umweltstiftung seine Forderungen nicht durchsetzen. So schaffte Hulot es gegen den Widerstand von Landwirtschaftsminister Stéphane Travert nicht, das Verbot des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat in einem Gesetz festzuschreiben. Zuletzt brachten am Montagabend Zugeständnisse des Präsidenten an die Jäger bei dem überzeugten Tierschützer das Fass zum Überlaufen.

Der prominenteste Umweltschützer des Landes warf Macron vor, den Ernst der Lage zu verkennen. „Es gibt eine solche Dringlichkeit. Man sagt mir: ‚Sei geduldig’, aber wir sind seit 30 Jahren geduldig.“ Gleichzeitig kritisierte der Minister den Einfluss der Lobby-Organisationen auf den Präsidenten. „Das ist ein Problem der Demokratie. Wer hat die Macht?“.

Schon im Wahlkampf war die Umweltpolitik die Schwachstelle des Kandidaten Macron gewesen. Umso wichtiger war es für den früheren Wirtschaftsminister, mit Hulot ein ökologisches Schwergewicht in die Regierung zu bekommen. Vor allem, weil seine Vorgänger Nicolas Sarkozy und François Hollande es nicht geschafft hatten, den eigenwilligen Kopf zu einem Ministeramt zu überreden.Der Polit-Neuling war also Macrons wichtigste Eroberung und wurde die Nummer drei im Kabinett.

Doch die Kompetenzen eines Staatsministers bedeuteten nicht, dass Hulots Anliegen auch umgesetzt wurden. Nur die Absage an den Flughafen Notre-Dame-des-Landes bei Nantes kann als Erfolg des Umweltministers gewertet werden. „Ich respektiere seine Freiheit“, sagte der Präsident zum Abgang seines eigenwilligen Ministers, der schon mehrfach mit seinem Rückzug gedroht hatte.

Trotz der zur Schau gestellten Gelassenheit trifft die Entscheidung Hulots Macron zu einem schlechten Zeitpunkt. Die Wachstumsprognosen sind für das nächste Jahr schwächer als erwartet, so dass das Haushaltsdefizit sich vergrößert. Der Regierung steht eine harte Haushaltsdebatte bevor, in der die Opposition ihre Kritik am „Präsident der Reichen“ erneuern dürfte, die Macron seit Monaten anhaftet.

Der Staatschef ist bis Donnerstagabend in Dänemark und Finnland. Weit weg von Paris also, wo nun eine Regierungsumbildung ansteht. Macron könnte nicht nur Hulot ersetzen, sondern auch andere Ministerien umbesetzen. Zum Beispiel das Kulturministerium, wo die frühere Verlegerin Françoise Nyssen es nicht schafft, ein eigenes Profil zu entwickeln.

Unter den Lesern der konservativen Zeitung „Le Figaro“ waren 67 Prozent der Meinung, dass der Rücktritt des Ministers den Präsidenten schwächt. Der Chef der Linksaußenpartei La France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, twitterte: „Der Macronismus beginnt zu zerfallen.“

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