"Unsere Ostgrenze würde bloßliegen" Ukrainisches Militär wird auf Krim nicht eingreifen

Kiew · Die Ukraine wird nach den Worten von Übergangspräsident Alexander Turtschinow nicht militärisch auf der Krim eingreifen und will stattdessen ihre Ostgrenze schützen. Am heutigen Mittwoch reist Kanzlerin Merkel nach Polen.

Krim-Wahlkampf mit Nazi-Symbolen
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"Wir können keine militärische Operation auf der Krim starten, weil dann unsere Ostgrenze bloßliegen würde und die Ukraine nicht geschützt wäre", sagte Turtschinow am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. "Darauf zählt die russische Armee", fügte er hinzu.

Mitten in der Krim-Krise reist Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch nach Polen. In der Hauptstadt Warschau will die CDU-Politikerin mit Ministerpräsident Donald Tusk insbesondere über den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland beraten. Das prorussische Parlament der Krim hatte zuvor die Abspaltung von der Ukraine vorangetrieben.

Nach dem blutigen Machtwechsel in Kiew hatten Ende Februar russisch sprechende Bewaffnete die Kontrolle über die völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Halbinsel übernommen. Moskau betreibt seitdem eine schnelle Eingliederung des über Jahrhunderte russischen Gebiets in die Russische Föderation. Der Westen verlangt bislang vergeblich von der Regierung in Moskau, sich gemeinsam mit der Ukraine auf eine diplomatische Lösung des Konflikts zu einigen.

Polens Ministerpräsident Tusk befürchtet ein zu zaghaftes Vorgehen Deutschlands und der Europäischen Union gegenüber Moskau aus Rücksicht auf Gas-Geschäfte. Er ist besorgt, eine Eskalation im Nachbarstaat Ukraine könnte auch Polen in Schwierigkeiten bringen.
Tusk und Merkel kommen zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen und wollen anschließend (15.15 Uhr) über ihre Vereinbarungen berichten.

Die Volksvertretung in Simferopol hatte am Dienstag die Unabhängigkeit der Schwarzmeer-Halbinsel erklärt. Der Schritt sei juristisch notwendig für das Referendum am Sonntag und den geplanten Beitritt der Krim zur Russischen Föderation. Die ukrainische Verfassung verbietet solche Abstimmungen in einzelnen Gebieten des Landes. Der Westen hält den gesamten Abspaltungsprozess für völkerrechtswidrig.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier knüpfte die nächste Stufe der EU-Sanktionen - Kontensperrungen und Einreiseverbote gegen russische Staatsbürger - direkt an die Volksabstimmung am Sonntag.
"Wenn das Referendum nicht verschoben wird, dann wird man spätestens am Montag eine weitere Entscheidungsstufe haben", sagte der SPD-Politiker bei einer Reise durchs Baltikum in Riga.

Merkel sprach sich für einen besonnenen, aber bestimmten Kurs Europas gegenüber Russland aus. Außer von Sensibilität müsse das Handeln aber auch von "einer gewissen Härte" geleitet sein, was die Verteidigung europäischer Werte anbelange, sagte Merkel am Dienstag nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion. Mit Blick auf die Situation der Krim sprach die Kanzlerin von "einer Annexion".
Russlands Vorgehen verstoße gegen alle völkerrechtlichen Regelungen, die in der Nachkriegszeit aufgestellt worden seien.

Die EU hatte in der vorigen Woche einen Drei-Stufen-Plan beschlossen, falls sich Russland von der Krim nicht zurückzieht. Als erster Schritt wurden die Verhandlungen mit Moskau über Visa-Erleichterungen für Russen ausgesetzt. Auch über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland wird vorerst nicht weiter verhandelt. Die EU hat für den Fall einer Eskalation der Lage auch härtere Strafmaßnahmen bis hin zu Wirtschaftssanktionen gegen Russland angekündigt.

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk will sich derweil der Rückendeckung der USA versichern. Dazu wollte er am Mittwoch mit Präsident Barack Obama in Washington zusammenkommen. Mit dem Besuch werde die starke Unterstützung der USA für das ukrainische Volk unterstrichen, teilte die US-Regierung mit. Es gehe um eine friedliche Lösung des Krim-Konflikts.

Das US-Repräsentantenhaus warf Russland in einer Resolution die Verletzung der ukrainischen Souveränität vor. Die am Dienstag verabschiedete Entschließung, die auch noch den Senat passieren muss, fordert ferner die Entsendung internationaler Beobachter auf die Krim und in andere Teile der Ukraine. 403 Abgeordnete stimmten für den Text, nur sechs waren dagegen. Bereits in der Vorwoche hatte das Abgeordnetenhaus in Washington den Weg frei gemacht für Kreditgarantien in Höhe von einer Milliarde US-Dollar (727 Millionen Euro). Auch dieses Gesetz muss noch vom Senat angenommen werden.

Die Bundeswehr bringt indes am Mittwoch (15.30 Uhr) 24 verletzte Ukrainer nach Deutschland. Ein Airbus wird am Nachmittag am Flughafen Berlin-Tegel erwartet. Die Patienten kommen zur Behandlung in Berliner Krankenhäuser, aber auch nach Ulm und Koblenz.

(AFP/dpa)
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