Krieg in der Ukraine Wie ein russischer Konvoi durch einen 15-Jährigen vernichtet wurde

Kolonschyna/Kiew · Der 15-jährige Andrij Pokrassa und sein Vater werden in der Ukraine für ihre Luftaufklärung mithilfe einer Drohne in den Anfangstagen des russischen Angriffs gefeiert. Sie übermittelten dem ukrainischen Militär wichtige Informationen, mit denen russische Verbände unter Feuer genommen werden konnten.

 Der 15-Jährige zeigt, wie er mit seiner Drohen umgeht.

Der 15-Jährige zeigt, wie er mit seiner Drohen umgeht.

Foto: AP/Natacha Pisarenko

Als sich die russischen Panzer und Lastwagen ihrem Dorf näherten, ließen ein ukrainischer Teenager und sein Vater heimlich ihre kleine Drohne aufsteigen.

Im Team machten sie Fotos aus der Vogelperspektive, die zeigten, wie die gepanzerte Kolonne in Richtung der Hauptstadt Kiew vorrückte. Sie bestimmten die Koordinaten und übermittelten die wertvollen Informationen rasch an das ukrainische Militär. Innerhalb von Minuten regnete Artilleriefeuer auf den russischen Konvoi nieder - mit tödlichen Folgen.

Der 15-jährige Andrij Pokrassa und sein Vater, Stanislaw, werden in der Ukraine für ihre Luftaufklärung in den frühen Tagen des russischen Angriffskrieges gefeiert. Damals versuchten russische Truppen aus dem Norden, Kiew einzunehmen und das Land auf die Knie zu zwingen - und scheiterten.

Nach der Invasion vom 24. Februar setzten die beiden eine Woche lang immer wieder ihre Drohne ein. Sie riskierten die Gefangennahme oder Schlimmeres für den Fall, dass russische Truppen auf sie aufmerksam geworden wären.

„Das waren einige der beängstigendsten Momente meines Lebens“, erinnerte sich Andrij, als er einem Team der Nachrichtenagentur AP seinen Drohnenpiloten-Fähigkeiten demonstrierte. „Wir lieferten den Streitkräften die Fotos und den Standort“, sagte er. „Sie grenzten die Koordinaten genauer ein und übermittelten sie per Handfunkgerät, um die Artillerie ausrichten zu können.“

Sein Vater war froh, das Fliegen seinem Sohn überlassen zu können. „Ich kann die Drohne bedienen, aber mein Sohn macht es viel besser. Wir haben sofort entschieden, dass er es machen würde“, sagte der 41-jährige Stanislaw Pokrassa.

Sie sind sich nicht sicher, wie viele russische Ziele mit Hilfe der von ihnen gelieferten Informationen zerstört wurden. Aber sie sahen die Zerstörung, die dem russischen Konvoi zuteil wurde, als sie später mit der Drohne über die verkohlten Wracks von Lastwagen und Panzern in der Nähe einer Stadt westlich von Kiew über eine wichtige Autobahn, die in die Hauptstadt führt, zurückflogen.

„Da waren mehr als 20 russische Militärfahrzeuge zerstört, darunter Tanklaster und Panzer“, sagte der Vater. Während russische und ukrainische Streitkräfte erbittert um die Kontrolle der Außenbezirke von Kiew kämpften, forderten ukrainische Soldaten die Familie Pokrassa schließlich auf, ihr Dorf zu verlassen, das anschließend von russischen Truppen besetzt wurde.

Weil alle Männer bis zu einem Alter von 60 Jahren nach Anweisungen der Regierung im Land bleiben müssen, konnte sich der Vater seinem Sohn und seiner Frau nicht anschließen, als sie ins benachbarte Polen flogen.

Vor ein paar Wochen kamen sie zurück, nachdem Andrij sein Schuljahr beendet hatte. „Ich war froh, dass wir jemanden zerstört haben“, sagte er. „Ich war froh, dass ich etwas beigetragen habe, dass ich in der Lage war, etwas zu tun. Nicht nur zu sitzen und abzuwarten.“

(felt/dpa)
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