Ukrainische Armee warnt Präsidenten Janukowitsch unterzeichnet Amnestieregelung

Kiew · Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat am Freitag die Amnestieregelung für Demonstranten unterzeichnet. Zugleich setzte er die Einschränkung des Demonstrationsrechts außer Kraft, wie auf der Internetseite der Präsidentschaft mitgeteilt wurde. Aber die Lage im Land bleibt angespannt. Erstmals hat sich die Armeeführung zu Wort gemeldet. Sie warnt den Präsidenten vor einer Spaltung des Landes. Oppositionsführer Vitali Klitschko reist derweil zur Sicherheitskonferenz nach München.

Vitali Klitschko bleibt auf der Straße bei den Demonstranten
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US-Außenminister John Kerry hat die bisher gemachten Zugeständnisse des ukrainischen Präsidenten an die Opposition des Landes als ungenügend bezeichnet. Sie reichten nicht aus, um die politische Krise in der früheren Sowjetrepublik zu beenden, sagte Kerry am Freitag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin.

Das Parlament hatte das Amnestiegesetz am Mittwoch beschlossen. Die Opposition boykottierte die Abstimmung, da im Gegenzug für die Freilassung der inhaftierten Demonstranten ein Ende der Proteste und die Räumung besetzter Gebäude binnen 14 Tagen verlangt wird.

Bei einer weiteren Eskalation der schweren Krise drohe die Spaltung des Landes, warnten die Militärs in einer Mitteilung vom Freitag. Die Besetzung staatlicher Gebäude durch Demonstranten sei unzumutbar. Bei einem Treffen unter Vorsitz von Verteidigungsminister Pawel Lebedew forderte die Armee Präsident und Oberbefehlshaber Viktor Janukowitsch auf, "dringend Maßnahmen zur Stabilisierung der Situation im Land zu ergreifen und Harmonie in der Gesellschaft zu erreichen".

Angriff auf Klitschko in der Ukraine
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Angriff auf Klitschko in der Ukraine

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Menschenrechtler kritisierten indes, Polizeieinheiten hätten während der Straßenschlachten mit radikalen Regierungsgegnern absichtlich auch Journalisten und Ärzte angegriffen. Die Opposition beklagt zudem, dass etwa 30 Aktivisten verschleppt worden seien, angeblich von angeheuerten Schlägerbanden.

Acht Tage nach seinem Verschwinden wurde ein entführter Regierungsgegner schwer misshandelt gefunden. Seine Peiniger hätten ihn massiv gefoltert und einen Teil seines Ohrs abgeschnitten, berichtete der Aktivist Dmitri Burlatow. Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko sprach von einem "Akt der Einschüchterung".

Klitschko reist nach München

Der Ex-Boxweltmeister wollte noch am Freitag gemeinsam mit seinem Oppositionskollegen Arseni Jazenjuk nach München aufbrechen und bei der Sicherheitskonferenz um Unterstützung werben. Geplant seien Gespräche mit US-Außenminister John Kerry, der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Bundespräsident Joachim Gauck und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, teilte Klitschkos Partei Udar (Schlag) mit.

Auch der amtierende ukrainische Außenminister Leonid Koschara wurde in München erwartet, wo er sich unter anderem mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow sowie dem für Nachbarschaftspolitik zuständigen EU-Kommissar Stefan Füle treffen will.

Der russische Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin kritisierte das geplante Treffen von Kerry mit der ukrainischen Opposition als "Zirkus". Moskau hatte dem Westen wiederholt vorgeworfen, sich in die inneren Angelegenheiten der früheren Sowjetrepublik einzumischen und den Machtkampf in Kiew anzuheizen. Die Proteste in der Ukraine waren ausgebrochen, nachdem Präsident Janukowitsch Ende November auf Druck Russlands ein historisches Partnerschaftsabkommen mit der Europäischen Union auf Eis gelegt hatte.

Mindestens vier Menschen wurden bei Zusammenstößen seit Mitte Januar getötet, mehr als 500 verletzt. Von rund 230 Festgenommenen sitzen derzeit noch etwa 140 in Untersuchungshaft.

Eine Mehrheit der Deutschen sprach sich in einer Umfrage gegen eine stärkere Einmischung der EU in den Machtkampf in der Ukraine aus. Nach dem am Freitag veröffentlichten ZDF-"Politbarometer" votierten 59 Prozent gegen ein solches Vorgehen der Europäischen Union, 36 Prozent waren für eine stärkere Einmischung. Genauso klar wird eine finanzielle Unterstützung des Landes abgelehnt, nämlich von 60 Prozent der Befragten. Nur 33 Prozent sind für Finanzhilfen der EU, um damit die Abhängigkeit der Ukraine von Russland zu verringern.

(dpa)
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