Krise in der Ukraine Poroschenko will das Kriegsrecht verhängen - Parlament stimmt zu

Kiew · Wegen des Konflikts mit Russland im Asowschen Meer hat der ukrainische Präsident das Kriegsrecht verhängt. Jetzt bestätigt das ukrainische Parlament die Verhängung des Kriegsrecht. Insgesamt soll es 30 Tage lang gelten.

 Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko.

Foto: dpa/Mykhailo Markiv

Als Reaktion auf die Konfrontation mit Russland im Schwarzen Meer hat das ukrainische Parlament der Verhängung des Kriegsrechts zugestimmt. Mit dem Votum folgten die Parlamentarier in Kiew dem Antrag von Präsident Petro Poroschenko.

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in einem Erlass der Kriegszustand für 60 Tage verkündet, der rückwirkend seit Montagnachmittag gelten sollte. Poroschenko hatte diesen Erlass zum Kriegszustand in der Ukraine später abgeändert. „Ich werde dem Parlament vorschlagen, das Kriegsrecht für 30 Tage zu verhängen“, sagte er in einer TV-Ansprache in Kiew. Er wolle nicht, dass dies dem Beginn des Wahlkampfes für die anstehenden Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2019 schade. Der 53-Jährige wich damit von der Empfehlung des Sicherheitsrats ab, dem er vorsteht. Beobachter in Kiew werten die spontane Entscheidung des Staatschefs als Möglichkeit, den Wahlkampf im kommenden Frühjahr zu beeinflussen.

Das Kriegsrecht in der Ukraine soll nach den Worten von Präsident Petro Poroschenko erst von Mittwoch um 9 Uhr Ortszeit (8 Uhr MEZ) an in Kraft treten. Das sagte der Staatschef am Montag in einer TV-Ansprache. Das Parlament in Kiew muss jedoch darüber noch entscheiden. Zuvor hatte es geheißen, das Kriegsrecht gelte bereits ab Montagnachmittag. Hintergrund ist ein Streit mit dem Nachbarn Russland. Am Wochenende hatte die russische Küstenwache Patrouillenbooten der ukrainischen Marine die Durchfahrt in der Meerenge von Kertsch vor der annektierten Halbinsel Krim verweigert.

Eines der Schiffe wurde dabei gerammt. Später wurden alle drei ukrainischen Schiffe aufgebracht. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB begründete die Blockade mit einer Grenzverletzung. Kiew bestreitet dies.

Moskau kritisierte das Vorgehen Kiews als ein Wahlkampfmanöver der Kiewer Führung und ukrainischer Oppositionspolitiker. In dem osteuropäischen Land soll im kommenden Frühjahr die Präsidentenwahl stattfinden. Dabei könnte Poroschenko seiner Konkurrentin Julia Timoschenko unterliegen. In Umfragen liegt er weit abgeschlagen hinter der Ex-Ministerpräsidentin.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow rief den Westen auf, die Ukraine vor einer weiteren Eskalation in der Meerenge von Kertsch zu beruhigen. „Die westlichen Unterstützer Kiews sollen dort jene zur Vernunft bringen, die aus Kriegshysterie politischen Profit schlagen

Die Bundesregierung rief zur Zurückhaltung und Deeskalation auf. Außenminister Heiko Maas sagte: „Die Entwicklungen rund um das Asowsche Meer sind sehr besorgniserregend. Es ist nicht akzeptabel, dass es dort eine Blockade durch Russland gibt.“ Frankreich und Deutschland seien bei Bedarf bereit, sich gemeinsam als Vermittler einzuschalten, um eine weitere Verschärfung der Krise zu verhindern, sagte Maas weiter.

Auch die Nato wird sich mit dem Konflikt befassen. Auf Bitten des ukrainischen Präsidenten sei eine Sondersitzung der Nato-Ukraine-Kommission einberufen worden, teilte das Militärbündnis mit. Bei dem Treffen soll die aktuelle Situation diskutiert werden. Die Sitzung werde am Nachmittag stattfinden.

Nach Angaben aus Nato-Kreisen ist die Einberufung des Treffens vor allem ein symbolisches Zeichen der Unterstützung. Dass sich die Nato direkt in den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland einschaltet, gilt derzeit als ausgeschlossen, da die Ukraine nicht Mitglied des Verteidigungsbündnisses ist.

Der Europarat warnte ebenfalls vor einer Zuspitzung der Lage. „Es ist von allergrößter Wichtigkeit, jede weitere Eskalation in der Region zu vermeiden“, erklärte der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland. Die freie Durchfahrt für Schiffe durch die Meerenge von Kertsch sei durch ein Abkommen zwischen Russland und der Ukraine seit 2004 garantiert. Dieses Abkommen müsse respektiert werden, forderte Jagland. Sowohl die Ukraine als auch Russland sind Mitgliedstaaten des Europarats.

EU-Ratschef Donald Tusk verurteilte die Anwendung von Gewalt durch Russland. Russland müsse für die Rückkehr der ukrainischen Matrosen und Schiffe sorgen, weitere Provokationen müssten unterbleiben.

Das türkische Außenministerium appellierte: „Als Anrainerstaat des Schwarzen Meeres betonen wir, das die Durchfahrten durch die Straße von Kertsch nicht verhindert werden dürfen.“ Die für Sicherheitsfragen zuständigen EU-Botschafter wollen sich an diesem Dienstag mit den Spannungen zwischen Moskau und Kiew beschäftigen.

(özi/dpa/AP/AFP)
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