Einseitige Waffenruhe angekündigt Petro Poroschenko macht den ersten Schritt
Kiew · In seiner Antrittsrede hat Petro Poroschenko deutlich gemacht, wo er die Ukraine in Zukunft sieht – in der EU. Doch zunächst heißt es für ihn, den Konflikt im eigenen Land zu lösen. Und der neue Präsident drückt aufs Tempo: Am Freitag kündigte er seinen Friedensplan an. Ob er das Blutvergießen allerdings stoppen kann, ist fraglich.
In seiner Antrittsrede hat Petro Poroschenko deutlich gemacht, wo er die Ukraine in Zukunft sieht — in der EU. Doch zunächst heißt es für ihn, den Konflikt im eigenen Land zu lösen. Und der neue Präsident drückt aufs Tempo: Am Freitag kündigte er seinen Friedensplan an. Ob er das Blutvergießen allerdings stoppen kann, ist fraglich.
Immerhin, Poroschenko hat eine einseitige Waffenruhe ab Freitagabend angekündigt. Die einwöchige Feuerpause solle den pro-russischen Separatisten in der Ost-Ukraine Gelegenheit geben, ihre Waffen niederzulegen, sagte er am Freitag bei seinem ersten Besuch in der Unruheregion Donezk seit seinem Amtsantritt am 7. Juni. Der Erlass, der eine Feuerpause von Freitag, 21 Uhr MESZ, bis 27. Juni, 10 Uhr MESZ, vorsieht, wurde am Abend in Kiew veröffentlicht. Die Waffenruhe soll der erste Schritt eines Friedensplans sein, der nach Medienberichten auch eine "Dezentralisierung der Macht" im Land vorsieht.
Auch die Funkstille zwischen Moskau und Kiew ist vorbei, seit Petro Poroschenko zum Präsidenten der Ukraine ernannt worden ist. Bei den Feierlichkeiten zum D-Day in Frankreich waren die beiden Staatschefs erstmals aufeinandergetroffen und sprachen miteinander. Seither klingelte immer wieder das Telefon zwischen Kiew und Moskau. Denn seinen Friedensplan wollte Poroschenko auch mit dem russischen Präsidenten absprechen, in dem Wissen, dass eine Lösung des Konflikts nur unter Einbeziehung Russlands möglich sein wird.
Er habe Putin in diesen Telefonaten seine "Schlüsselpositionen und den Zeitplan" erläutert, während Putin seinerseits "eine Reihe von Hinweisen" gegeben und unter anderem "das sofortige Ende des Militäreinsatzes" gegen die russischen Separatisten im Osten der Ukraine gefordert habe, hieß es. Und nun liegt der Friedensplan des ukrainischen Präsidenten vor.
14 Punkte beinhaltet das Papier, dass zunächst in Medien verbreitet wurde. Laut diesem sollen unter anderem die Milizen entwaffnet werden und die Macht im Land dezentralisiert werden. Separatisten, die keine schweren Verbrechen begangen haben, sollen straffrei ausgehen. Zudem ist ein "Korridor für russische und ukrainische Söldner" zum Verlassen der Kriegsregion geplant. Auch eine Feuerpause gehört zu dem Plan.
Drei Ex-Präsidenten unterstützen Plan
Die Bundesregierung jedenfalls begrüßte den Friedensplan. Bundeskanzlerin Merkel hatte ebenfalls in den vergangenen Tagen mit Poroschenko telefoniert und das Papier mit ihm besprochen. Er könne "maßgeblich zur Entschärfung der Lage beitragen", hieß es nun aus dem Auswärtigen Amt. Auch drei ehemalige ukrainische Präsidenten unterstützen den Plan.
Es zeigt auch, dass Poroschenko gewillt ist, den Konflikt so schnell wie möglich zu lösen. Schließlich kommt es noch immer zu Kämpfen in der Ukraine, mehrere hundert Menschen sind dabei bereits ums Leben gekommen. Und je länger die Menschen im Osten des Landes unter den Auseinandersetzungen leiden, umso schwieriger wird es auch für die Regierung in Kiew, ihre Macht zu festigen. Poroschenko aber will zeigen, dass er handelt und die Menschen dort nicht im Stich lässt.
Schon in seiner Antrittsrede versuchte er den Menschen dort klarzumachen, dass die Separatisten nicht die Interessenvertreter der Einwohner sind, wohlwissend, dass es durchaus auch bei manchem Bürger Abspaltungsinteressen gibt. Doch eine weitere Schwächung der Regierung in Kiew wäre fatal. Und so tritt der neue Präsident demonstrativ handelnd auf, macht trotz aller Drohungen aus Russland klar, dass das Land in Richtung EU strebt und will bereits am Freitag kommender Woche den wirtschaftlichen Teil eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union unterzeichnen — sein Vorgänger hatte es im November auf Eis gelegt. Den politischen Teil hatte bereits die Übergangsregierung unterzeichnet.
Separatisten lehnen Friedensplan ab
Doch trotz allen Tempos, dass Poroschenko vorlegt, steht die Frage im Raum, ob es ihm mit dem Friedensplan tatsächlich gelingen kann, Ruhe in die Konfliktregion zu bringen. Denn auch wenn der Plan mit dem russischen Präsidenten besprochen wurde, die Separatisten haben den Plan schon im Vorfeld abgelehnt. Und wie groß der Einfluss des Kreml tatsächlich ist auf die prorussischen Kämpfer in der Ostukraine, das vermag im Moment kaum einer sagen.
Dennoch ist der Friedensplan ein weiterer Schritt im Versuch, den Konflikt zu lösen. Und auch das Auswärtige Amt sagt, der Plan biete die "Chance, zu einer Deeskalation zu kommen" — wenn es denn gelinge, ihn umzusetzen.
mit Agenturmaterial