Friedensplan für Ukraine Poroschenko kündigt einseitige Waffenruhe an

Kiew · Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat eine einseitige Waffenruhe ab Freitagabend angekündigt. Die einwöchige Feuerpause solle den prorussischen Separatisten in der Ostukraine Gelegenheit geben, ihre Waffen niederzulegen, sagte Poroschenko am Freitag bei seinem ersten Besuch in der Unruheregion Donezk seit seinem Amtsantritt am 7. Juni.

 Ukraines neuer Präsident Petro Poroschenko.

Ukraines neuer Präsident Petro Poroschenko.

Foto: afp, ss/MM

Der Erlass, der eine Feuerpause von Freitag, 21 Uhr MESZ, bis 27. Juni, 10 Uhr MESZ, vorsieht, wurde am Abend in Kiew veröffentlicht.

Die Waffenruhe soll der erste Schritt eines Friedensplans sein, der nach Medienberichten auch eine "Dezentralisierung der Macht" im Land vorsieht. Der Friedensplan für den Osten des Landes soll insgesamt 14 Punkte umfassen. Dieser sehe unter anderem die "Entwaffnung" von Milizen und eine "Dezentralisierung der Macht" im Land vor, berichteten ukrainische Medien am Freitag.

Eine Vorstellung des Plans durch Poroschenko stand zunächst noch aus. Russland gab indes an, jüngst an die Grenze verlegte Truppen sollten diese lediglich sichern. Nach Poroschenkos Plan sollen prorussische Separatisten im Osten der Ukraine, die keine "schweren Verbrechen" begingen, straffrei ausgehen. Auch wird ein "Korridor für russische und ukrainische Söldner" zum Verlassen der Krisenregion angekündigt. Der Gebrauch der russischen Sprache soll durch Verfassungszusätze geschützt werden. Nicht erwähnt wird eine am Mittwoch von Poroschenko angekündigte einseitige Waffenruhe.

Weiter sieht der Plan eine "Pufferzone" von zehn Kilometern vor, um das Einsickern von Kämpfern und Waffen aus Russland zu verhindern. Zudem werden die Behörden in der Krisenregion aufgefordert, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. In der Hauptstadt Kiew empfing Poroschenko mehr als ein Dutzend Verantwortliche aus der Ostukraine. Er hofft, dass Russlands Staatschef Wladimir Putin die Separatisten aufruft, den Kampf zu beenden.

In der Nacht zum Freitag beriet Poroschenko erneut telefonisch mit Putin über den Friedensplan. Nach Angaben des Kremls erläuterte er seine "Schlüsselpositionen und den Zeitplan", während Putin seinerseits "eine Reihe von Hinweisen" gab und unter anderem "das sofortige Ende des Militäreinsatzes" gegen die prorussischen Separatisten forderte. Poroschenko ließ mitteilen, er zähle auf die Unterstützung Moskaus.

Die ukrainische Armee kämpft im Osten des Landes seit Wochen gegen prorussische Separatisten, die eine Abspaltung von der Ukraine fordern. Bislang wurden in dem Konflikt seit April mindestens 365 Menschen getötet. Die Separatisten besetzen in mehreren östlichen Städten weiterhin Behördengebäude. Zuletzt hatte ein Anführer der Separatisten sämtliche Bemühungen Poroschenkos als "bedeutungslos" bezeichnet.

Die Bundesregierung begrüßte den Friedensplan. Dieser könne "maßgeblich zur Entschärfung der Lage beitragen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Wichtig sei nun die Frage, "ob es gelingt, den Friedensplan umzusetzen". Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es sei nötig, dass Putin die prorussischen Separatisten öffentlich aufrufe, einen Waffenstillstand einzuhalten.

Der Kreml gab indes an, die jüngst in Richtung der Ukraine verlegten russischen Truppen sollten lediglich die international eingeforderte Sicherung der Grenze gewährleisten. Moskau sei "überrascht" vom Argwohn der Nato wegen der Truppenverlegung in die Region, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut russischen Nachrichtenagenturen. Es handle sich "um Maßnahmen, um die Sicherung der russischen Grenzen zu verstärken".

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte am Donnerstag über die Verlegung tausender russischer Soldaten an die Grenze berichtet und dies als "bedauernswerten Rückschritt" bezeichnet. Im Westen wird befürchtet, Moskau könnte sich nach der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim auch Gebiete im Osten der Ukraine einverleiben. EU und USA fordern aber auch, die Grenze zum Schutz vor neuen Kämpfern und Waffen besser zu überwachen.

Der russische Regierungschef Dmitri Medwedew kündigte unterdessen an, bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde gegen die nach der Annexion der Krim von den USA verhängten Sanktionen einzulegen. Die Strafmaßnahmen hätten "negative Konsequenzen auf den Außenhandel", sagte er in St. Petersburg. Russland ist seit Sommer 2012 WTO-Mitglied.

Die EU will Kreisen zufolge mit Russland über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine sprechen. Entsprechende Beratungen sollen demnach im Juli stattfinden. Das Abkommen soll aber bereits beim EU-Gipfel Ende kommender Woche in Brüssel endgültig geschlossen werden. Ein EU-Vertreter sagte, es solle um dessen "Anwendung", nicht aber um "Änderungen" gehen.

Berlin über russische Truppen besorgt

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Besorgnis über russische Truppenbewegungen entlang der Grenze zur Ukraine geäußert. Sie forderte Moskau erneut auf, den Zustrom von Waffen und Kämpfern in die Ukraine zu unterbinden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Russlands Präsident Wladimir Putin müsse die pro-russischen Separatisten öffentlich aufrufen, einen Waffenstillstand einzuhalten, sobald ihn der ukrainische Präsident Petro Poroschenko anbiete. Gemeinsame Grenzkontrollen Russlands und der Ukraine seien ein denkbarer Schritt zur Deeskalation.

Bundesregierung und EU seien unverändert zu weiteren Sanktionen bereit, sollte Russland nicht zu einer Deeskalation im Osten der Ukraine beitragen, so Seibert. Die Ukraine-Krise ist auch Thema beim EU-Gipfel in der kommenden Woche. Am Donnerstag hatten Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande in einem Telefonat mit Putin weitere Konsequenzen im Ukraine-Konflikt angedroht.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte am Freitag in Berlin auf die Frage, ob die ukrainische Armee ihrerseits angemessen gegen die Separatisten vorgehe, jede legitime Regierung eines souveränen Staates habe das Recht, ihre Hoheitsgewalt durchzusetzen. Allerdings müsse sie die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren.

Russland hat Kritik der Nato an einer Konzentration von Truppen an der ukrainischen Grenze zurückgewiesen.
Bei der Verstärkung von Einheiten handele es sich um die vom Westen selbst geforderte Sicherung der Grenze, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Präsident Wladimir Putin habe dies "vor Wochen" mit westlichen Partnern besprochen. Die Kritik sei daher "verwunderlich", sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte den Aufmarsch am Vortag kritisiert. Der Westen hatte Russland zu einer stärkeren Kontrolle der Grenze zur Ukraine aufgefordert. Damit soll verhindert werden, das moskautreue Separatisten Waffen aus Russland erhalten.

(DEU)
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