In der Nähe von Bachmut Umkämpfte ukrainische Kleinstadt Soledar offenbar vor dem Fall

Kiew · Nach Angaben aus dem russisch besetzten Teil von Donezk stehen die Truppen Moskaus kurz vor der Einnahme von Soledar. An den Kämpfen sind auch Söldner der privaten Wagner-Gruppe beteiligt. Der Vormarsch habe aber einen „sehr hohen Preis“, heißt es.

Ukrainische Soldaten leisten einem verwundeten Soldaten erste Hilfe in einem Unterstand in Soledar.

Ukrainische Soldaten leisten einem verwundeten Soldaten erste Hilfe in einem Unterstand in Soledar.

Foto: dpa/Roman Chop

Die russischen Truppen stehen nach Angaben des von Russland ernannten Chefs der besetzten Gebiete der ukrainischen Region Donezk kurz vor der Einnahme der Kleinstadt Soledar. Danach stiegen auch die Aussichten auf eine Einnahme der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut und für weitere Angriffe auf Siwersk, eine Stadt weiter im Norden, sagte Denis Puschilin am Dienstag im russischen Staatsfernsehen. Die Geländegewinne hätten aber einen „sehr hohen Preis“, sagte er.

Der ukrainische Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, sprach am Dienstag von erbarmungslosen russischen Angriffen auf Bachmut und das nahe gelegene Soledar. Russland nutze alle möglichen Waffen für seine Taktik der verbrannten Erde und führe einen Krieg ohne Regeln, der zu zivilen Todesopfern und zivilem Leid führe, sagte Kyrylenko im Fernsehen.

Eine russische Einnahme von Bachmut würde die ukrainischen Nachschubrouten kappen und einen russischen Vormarsch auf Kramatorsk und Slowjansk erleichtern, wichtigen ukrainischen Bastionen in der Region Donezk. Die Gefechte sind Teil des Kampfs um die Kontrolle über den Osten der Ukraine.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Montagabend mit Blick auf Bachmut und Soledar, alles sei vollständig zerstört, es gebe „fast kein Leben mehr“. Das gesamte Gebiet bei Soledar sei von „den Leichen der Besatzer und Narben der Angriffe bedeckt“. „So sieht Wahnsinn aus.“

Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar sagte, Russland habe eine große Zahl von Angreifern in den Kampf geworfen. Der Feind rücke buchstäblich auf den Leichen seiner eigenen Soldaten vor, setze massiv Artillerie, Raketenwerfer und Mörser ein und treffe dabei seine eigenen Soldaten.

Das britische Verteidigungsministerium twitterte, russische Truppen seien in den vergangenen Tagen gemeinsam mit Söldnern der privaten Wagner-Gruppe in Soledar vorgerückt und kontrollierten wahrscheinlich einen Großteil des Orts. Der Anführer der Wagner-Gruppe bestätigte am Dienstag auf einer russischen Plattform in sozialen Medien, dass seine Kräfte in der Gegend kämpften. Es gebe in Soledar „schwere Gefechte“ gegen eine ukrainische Armee, die „tapfer kämpft“, erklärte Dmitri Prigoschin.

In dem britischen Bericht hieß es weiter, die Einnahme der zehn Kilometer nördlich von Bachmut gelegenen Kleinstadt sei vermutlich das unmittelbare Ziel des russischen Militärs und Teil einer Strategie, Bachmut einzukreisen. Die ukrainischen Truppen hielten aber stabile Verteidigungslinien und hätten die Kontrolle über Nachschubrouten. Einige der Kämpfe in der Umgebung von Bachmut konzentrierten sich auf Eingänge zu aufgelassenen Tunneln von Salzminen. Die Tunnel erstreckten sich im Untergrund über rund 200 Kilometer. Beide Seiten befürchteten vermutlich, dass die Tunnel zu Infiltration hinter den eigenen Linien genutzt werden könnten.

Nach zahlreichen Rückschlägen seiner Truppen auf ukrainischen Schlachtfeldern ist Russland offenbar bemüht, Mängel innerhalb seines Militärs zu beheben. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte am Dienstag, das Militär werde die Erfahrungen aus der Ukraine nutzen, um das Kampftraining zu verbessern. Kommunikations- und Kontrollsysteme würden mithilfe Künstlicher Intelligenz ausgebaut, und die Soldaten erhielten bessere taktische Ausrüstung.

Der Vizechef des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, kündigte am Dienstag mit Blick auf die Produktion von Waffen und anderem Gerät für den Krieg in der Ukraine an, wer Fristen für solche Artikel versäume, dem drohten strafrechtliche Ermittlungen. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte Medwedew im Dezember zum Leiter einer neuen Kommission berufen, die die Versorgungsprobleme des Militärs lösen soll. Zahlreichen Berichten zufolge gehen Russland bestimmte Waffen aus, zudem sollen Soldaten teils ohne ausreichende Ausrüstung und Bekleidung in den Kampf geschickt werden.

Russland steht vor der Herausforderung, mit den von westlichen Verbündeten an die Ukraine gelieferten Waffen Schritt zu halten. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, die Mitglieder der Nato seien zu einer Kriegspartei geworden, indem sie Waffen, Technologie und Geheimdienstdaten in die Ukraine lieferten.

(mzu/dpa)
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