Spannungen in Osteuropa Russland verlegt Kampfjets nach Belarus an polnische Grenze

Moskau · Wenige Tage vor Beginn eines umstrittenen Militärmanövers hat Russland Kampfflugzeuge des Typs Suchoi Su-25SM nach Belarus verlegt. Unterdessen sind die ersten US-Truppenverstärkungen in Polen und Deutschland eingetroffen.

 Ein russischer Suchoi Su-34 Jagdbomber (Symbolfoto).

Ein russischer Suchoi Su-34 Jagdbomber (Symbolfoto).

Foto: dpa/Vitaliy Timkiv

Die Maschinen wurden über 7000 Kilometer aus der Region Primorje am Japanischen Meer auf Militärflugplätze im Gebiet von Brest nahe der polnischen Grenze gebracht, wie das Verteidigungsministerium am Samstag in Moskau mitteilte. Zu ihrer genauen Zahl machte das Ministerium keine Angaben. Im Westen wird befürchtet, dass Russland einen Einmarsch in der Ukraine vorbereitet.

Die Militärführungen in Belarus und Russland hatten immer wieder betont, die Truppenverlegung habe reinen Übungscharakter, sei für niemanden eine Bedrohung und stehe im Einklang mit internationalem Recht. Moskau und Minsk wiesen Vorwürfe des Westens zurück, dass sie der Vorbereitung eines Einmarschs im Nachbarland Ukraine dienten. Das Manöver soll vom 10. bis 20. Februar stattfinden.

Angesichts des Aufmarschs Zehntausender russischer Soldaten in der Nähe der Ukraine wird befürchtet, dass der Kreml eine Invasion plant. Moskau bestreitet das. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.

Die Nato hatte Russland auch vorgeworfen, derzeit rund 30.000 Soldaten in das nördlich der Ukraine gelegene Belarus zu verlegen. Mit den Kampftruppen kämen auch Flugzeuge, atomar bestückbare Iskander-Raketen, Luftabwehrsysteme vom Typ S-400 und Spezialeinheiten des Militärgeheimdienstes GRU.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu versicherte, dass die Gesamtzahl der Soldaten bei dem Manöver eine 2011 festgeschriebene Höchstzahl nicht überschreite. Damit könnten maximal 13.000 Soldaten, 300 Panzer, 500 gepanzerte Fahrzeuge und 3500 Fallschirmjäger dabei sein.

Unterdessen sind die ersten US-Truppenverstärkungen in Polen und Deutschland eingetroffen. „Die ersten Soldaten sind gut am Flughafen Jesionka angekommen“, sagte ein polnischer Armeesprecher am Samstag. Zuvor waren am Freitag bereits erste US-Truppen im hessischen Wiesbaden eingetroffen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beraten in den kommenden Tagen in Washington, Moskau und Kiew über eine friedliche Lösung des Konflikts.

Insgesamt 1700 der angekündigten 2000 US-Soldaten sollen in Polen stationiert werden, die restlichen 300 in Deutschland. Nach der Ankunft der ersten Soldaten in Polen werde der Großteil der Truppe „in Kürze“ erwartet, erklärte das polnische Militär.

In Wiesbaden waren am Freitag ebenfalls die ersten der angekündigten US-Soldaten angekommen. Bei der Verlegung der Soldaten von Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina in die hessische Landeshauptstadt habe die US-Armee „eng mit den deutschen Verbündeten zusammengearbeitet“, erklärte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums.

Das Pentagon hatte die Truppenverlegung am Mittwoch inmitten der massiven Spannungen mit Russland angekündigt. Demnach sollen außerdem tausend derzeit in Bayern stationierte US-Soldaten nach Rumänien entsandt werden. „Die derzeitige Lage macht es erforderlich, dass wir die Abschreckungs- und Verteidigungshaltung an der Ostflanke der Nato stärken“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby zur Begründung.

Die Ukraine-Krise wird auch das zentrale Thema des Antrittsbesuchs von Scholz in Washington sein. Er wird am Montag von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen. Scholz und Biden dürften bei ihrem Treffen versuchen, Geschlossenheit im Umgang mit Russland zu demonstrieren. In den vergangenen Wochen waren Differenzen zwischen Berlin und Washington deutlich geworden, unter anderem mit Blick auf Sanktionen gegen Russland bei einem möglichen Einmarsch in der Ukraine.

Am 15. Februar wird Scholz sich dann mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau treffen. Wie die Bundesregierung bekanntgab, stehen internationale Themen im Mittelpunkt der Reise, einschließlich Sicherheitsfragen. Am Tag davor wird Scholz in Kiew zu Besuch sein.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bemüht sich verstärkt um eine Deeskalation: Macron werde am Montag nach Moskau und am Dienstag weiter nach Kiew reisen, teilte der Élysée-Palast mit. Macron hatte in den vergangenen Tagen bereits mehrere Telefongespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Biden geführt.

Kurz vor seiner Reise stimmte sich Macron nach Angaben des Elysée-Palastes mit Scholz, dem britischen Premierminister Boris Johnson und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ab. Eine Sprecherin der Bundesregierung bestätigte auf Anfrage Macrons Telefonat mit Scholz, machte aber keine Angaben zum Inhalt des Gesprächs.

Direkt im Anschluss an seine Treffen mit Putin und Selenskyj will Macron dann noch am Dienstag in Berlin Scholz und den polnischen Präsidenten Andrzej Duda treffen, wie die polnische Nachrichtenagentur PAP unter Berufung auf Dudas Büroleiter Pawel Szrot berichtete. Bei dem Treffen soll es demnach vor allem um die Sicherheit in Mittel- und Osteuropa gehen.

Es handle sich um eine „französische Initiative“, aber Macron wolle sehr eng mit allen Partnern zusammenarbeiten, insbesondere mit Deutschland, betonte der Élysée. Die Moskau-Reise von Scholz Mitte Februar diene auch dazu, „die Botschaft zu bekräftigen“.

(mba/hebu/dpa/AFP)
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