Umbruch in der Ukraine Julia Timoschenko kommt zur Behandlung nach Deutschland

Kiew · Jahrelang war sie in Haft. Und keine viereinhalb Stunden nach ihrer Entlassung präsentierte sich Julia Timoschenko den Massen auf dem Maidan in Kiew. Die Bedingungen im Gefängnis haben ihre Spuren hinterlassen. Nun wird sie nach Deutschland reisen – zur Behandlung ihres schweren Rückenleidens.

Julia Timoschenko schwer gezeichnet vom Gefängnis
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Jahrelang war sie in Haft. Und keine viereinhalb Stunden nach ihrer Entlassung präsentierte sich Julia Timoschenko den Massen auf dem Maidan in Kiew. Die Bedingungen im Gefängnis haben ihre Spuren hinterlassen. Nun wird sie nach Deutschland reisen — zur Behandlung ihres schweren Rückenleidens.

Julia Timoschenko kommt nach Deutschland. Das teilte die Partei der früheren ukrainischen Regierungschefin am Montag auf ihrer Webseite mit. Im März will sie sich wegen ihres Rückenleidens in der Berliner Klinik Charité behandeln lassen. Die Ex-Regierungschefin habe eine Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel angenommen, teilte Timoschenkos Vaterlandspartei (Batkiwschtschina) am Montag mit.

Demnach will die 53-Jährige zunächst den Gipfel der Europäischen Volkspartei am 6. und 7. März in Dublin besuchen. "Danach fährt sie in die Charité für eine unverzügliche Behandlung." Timoschenko war bereits während ihrer Haft von Experten der Charité behandelt worden. Sie leidet an den Folgen eines Bandscheibenvorfalls.

Im Rollstuhl auf dem Maidan

Rückblick: Als Julia Timoschenko am Samstag im Rollstuhl auf das Podium auf dem zentralen Platz der ukrainischen Hauptstadt Kiew geschoben wird, ist sie erst wenige Stunden raus aus dem Gefängnis. Neugierig lassen die Landsleute Julia Timoschenko keine Sekunde aus den Augen. Die lange inhafitierte Oppositionspolitikerin ist schwer gezeichnet von der Haft. Und doch präsentiert sie sich kraftvoll und ungebrochen.

Am Samstagabend erleben dann mehr als 100.000 Menschen die Rückkehr von Timoschenko. "Frisch ans Werk" scheint die Devise der zierlichen Frau zu lauten. Ihr blonder Haarkranz sitzt auf ihrem Haupt - eine Volksfrisur. Unverbrauchte Gesichter sollten die Politik übernehmen, kündigt Timoschenko an. Ihren Führungsanspruch wird sie aber nicht aufgeben.

Kämpferisch wie eh und je

Kämpferisch wie eh und je nimmt die Oppositionsführerin Kurs auf das Präsidentenamt in der leidgeplagten Ukraine. Ihr Erzfeind Viktor Janukowitsch, gegen den sie 2010 in der Stichwahl unterlag, ist gestürzt - zum Greifen nah ist nun ihr Ziel, das die Ex-Regierungschefin seit Jahren im Visier hat: Gleich nach der Entlassung aus zweieinhalbjähriger Lagerhaft verkündet sie ihre Kandidatur für die Präsidentenwahl am 25. Mai.

Zwar ist Timoschenko nach Jahren in Haft schwer gezeichnet, ihren Drang und ihre Kraft hat sie indes nicht verloren. In flammenden Appellen forderte sie die Regierungsgegner zu kompromisslosem Vorgehen auf. Keine Verhandlungen mit Janukowitschs "Bande", mahnte die 53-Jährige regelmäßig. Sie meinte damit auch Klitschko und Co., die sich mit der Führung an einen Tisch setzten. Der Machtstreit mit dem gegnerischen Lager stellt sich für Timoschenko als Kampf zwischen Gut und Böse dar.

Viele Tränen im Publikum

Teils überschlägt sich ihre Stimme, teils kann sie vor lauter Rührung kaum weitersprechen. Auch im Publikum gibt es viele Tränen. Am Samstag hatte Timoschenko eine Klinik in der Stadt Charkow verlassen, wo sie wegen der Folgen eines Bandscheibenleidens auch von deutschen Ärzten behandelt wurde, als freier Mensch. In Kiew ist auch Tochter Jewgenija wieder an ihrer Seite, die als "Botschafterin" im Ausland für ihre Mutter geworben hat.

(rpo/dpa)
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