Ukraine-Gipfel in Paris Mehr Krieg als Frieden

Paris · Der Ukraine-Gipfel in Paris nährt die Hoffnungen auf ein Ende des Blutvergießens im Donbass – doch der Weg zu einer dauerhaften Konfliktlösung bleibt weit.

 Ein ukrainischer Soldat geht durch einen Schützengraben an der Front in der Region Donezk.

Ein ukrainischer Soldat geht durch einen Schützengraben an der Front in der Region Donezk.

Foto: dpa/Vitali Komar

Es war demonstrativ ein runder Tisch, an dem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Montagabend die beiden Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyi, in Paris platzierte. Für die beiden Hauptgäste war es ihr erstes Zusammentreffen. Schließlich wird in der Ostukraine auch nach fünf Jahren noch Woche für Woche geschossen, sterben Menschen, insgesamt wohl schon 13.000. Das Treffen im sogenannten Normandie-Format ging wie viele vor ihm mit Absichtserklärungen zu Ende, die kleine Hoffnungen keimen lassen. Der Durchbruch zum Frieden blieb jedoch aus. Der Gipfel wird als Normandie-Format bezeichnet, weil die erste Zusammenkunft dieser Art im Juni 2014 in jener Region nordwestlich von Paris stattfand.

Wie sehr und wie lange der Konflikt schon festgefahren ist, kommt nicht nur in den Jahreszahlen zum Ausdruck, die mit den beim Treffen bekräftigten Verständigungen verbunden sind: zweimal 2014, einmal 2015. Schon damals erweckten die Konfliktparteien den Eindruck, mit dem Minsker Protokoll, dem Minsker Memorandum und dem Minsker Maßnahmenpaket das Ende der Gewalt einleiten zu wollen. Auch der Name der Lösungsformel reicht in die Vergangenheit zurück : Es sei „erforderlich, die Steinmeier-Formel in ukrainisches Recht umzusetzen“, heißt es in den Montagabend vereinbarten Absichten. Seit zweieinhalb Jahren ist Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident, die nach ihm benannte Formel stammt aus seiner Zeit als Außenminister.

Er wollte damit einen Weg aufzeigen, wie die Interessen von Ukrainern, Russen und prorussischen Separatisten Zug um Zug ausgeglichen werden können. Mit Wiederaufnahme der ukrainischen Grenzkontrollen, mit autonomen Sonderrechten für die Selbstverwaltung der vornehmlich prorussischen Donbass-Region, mit Regionalwahlen und vor allem dauerhafter Entmilitarisierung. Doch insbesondere die Frage, wie die Ukraine wieder vollständig Kontrolle über ihre Grenze erlangen kann, blieb offen. Dafür müssten rund 450 Kilometer Frontlinie entmilitarisiert werden. Selenskyi räumte diesbezüglich ein: „Ich wollte eine größere Zahl an Problemen lösen.“

Auf ukrainisch abgesicherten Sonderregelungen beharren vor allem die Russen, und sie wollen mit Wahlen beginnen, alles andere folgen lassen. Doch Selenskyi lehnt es ab, mit vorgehaltener Waffe wählen zu lassen. Er will die Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität an den Grenzen und macht sich auch für ukrainische Kandidaten bei Regionalwahlen stark. Selenskyi hatte sich im Vorfeld des Gipfels von Paris zur Steinmeier-Formel bekannt, um überhaupt das erste Spitzentreffen nach Jahren möglich zu machen. Aber er will zuerst die Grenzkontrolle, zuerst die Demilitarisierung.

Herausgekommen ist nun ein wenig Neues vom Alten. Bis zum Jahresende sollen wieder einmal die Waffen schweigen, sollen wieder einmal Gefangene ausgetauscht werden. Bis zum Frühjahr wieder einmal die Minen geräumt, wieder einmal die schweren Waffen zurückgezogen werden. Dass es dieses Mal aber etwas werden könnte, kann mit dem schon vereinbarten erneuten Treffen für das Frühjahr verknüpft werden.

Positiv bewertet der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, das Ende des Stillstands bei den Verhandlungen im Ostukraine-Konflikt. Die Verabredung zum nächsten Treffen bereits in vier Monaten sei ein „klares Zeichen dafür, dass man im Gespräch bleiben möchte“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. „Im März wird man dann sehen, ob die vielen Ankündigungen und Bekenntnisse auch tatsächlich eingehalten und umgesetzt werden – insbesondere die so wichtige Waffenruhe“, unterstrich Röttgen. Allerdings sei auch klar, dass „Russland in der Frage der Ostukraine noch nichts geliefert“ habe.

Ähnlich sieht es Grünen-Außenexperte Omid Nouripour. Es sei zwar gut, dass wieder gesprochen werde, aber der Schlüssel zum Frieden liege nach wie vor in Moskau. Es sei „derzeit nicht absehbar, dass Putin in der Ukraine zum Völkerrecht zurückkehrt“, erklärte Nouripour. FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff verweist auf die Probleme, die mit der Überwachung eines Waffenstillstandes verbunden sind. Schon jetzt werde die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei ihrer Beobachterfunktion behindert. „Ein verlässliches Zeichen des guten Willens von russischer Seite wäre die Zulassung einer Uno-Blauhelm-Mission mit echtem Mandat“, schlug Lambsdorff vor. So lange es hier nicht weitergehe liege ein „echter Durchbruch noch in weiter Ferne“.

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