Russlands Angriffskrieg Erbitterte Kämpfe im Donbass - Die Nacht im Überblick

Kiew/Moskau/Brüssel · Die EU einigt sich nach langem Ringen doch noch auf einen Kompromiss zum Öl-Embargo. Im Osten der Ukraine erwartet man unterdessen einen Großangriff. Ein Überblick über die Entwicklung in der Nacht.

 Ein Kind neben einem zerschossenen Auto in Irpin nahe Kiew am Montag.

Ein Kind neben einem zerschossenen Auto in Irpin nahe Kiew am Montag.

Foto: AP/Natacha Pisarenko

Die EU-Staaten haben sich im Streit um das geplante Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt. Mehr als zwei Drittel der russischen Öl-Lieferungen in die EU sollen von dem Einfuhrverbot betroffen sein, wie EU-Ratspräsident Charles Michel in der Nacht während eines Gipfeltreffens in Brüssel mitteilte. Außerdem soll die russische Sberbank aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen und drei russische TV-Sender verboten werden.

Die EU sagte der Ukraine auch weitere Finanzhilfen von bis zu neun Milliarden Euro zu. Mit dem Geld sollen laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Krankenhäusern gedeckt werden.

Unterdessen bleibt die Lage im Osten der Ukraine am 97. Tag des Krieges äußerst schwierig. Im Donbass sei nun die „maximale Kampfkraft der russischen Armee“ versammelt, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft in der Nacht zum Dienstag. Solche offiziellen Mitteilungen von Kriegsbeteiligten können allerdings von Eigeninteressen gefärbt sein. Unabhängige Berichte über die Kampfhandlungen fehlen weitgehend.

In die umkämpfte Großstadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes waren nach ukrainischen Angaben bereits am Montag russische Truppen vorgedrungen. Die Stadt ist seit Monaten Ziel russischer Angriffe. Sie gilt als letzter Punkt, den das ukrainische Militär in der Region Luhansk noch kontrolliert. Am Montagmorgen hatten die russischen Truppen nach Angaben des Generalstabs zunächst noch am Stadtrand und in den Außenbezirken gekämpft.

Russland hatte den Angriffskrieg auf das Nachbarland am 24. Februar begonnen. Die Ukraine rechnet derzeit mit einem Großangriff auf das Zentrum ihrer Verteidigungskräfte im Donbass. Slowjansk-Kramatorsk ist der größte Ballungsraum, der noch unter Kontrolle Kiews steht. Hier ist auch das Oberkommando der Streitkräfte im Osten des Landes stationiert.

Im Osten der Ukraine beklagten beide Kriegsparteien weitere zivile Todesopfer. Im Gebiet Donezk seien drei Menschen durch russischen Beschuss getötet worden, teilte Gouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit. In der Region Charkiw starb nach Angaben der Online-Zeitung „Ukrajinska Prawda“ ein Mann durch russische Granaten. Die russische Seite sprach laut der Agentur Tass von zwei getöteten Zivilisten durch ukrainische Angriffe im Gebiet Donezk sowie zwei getöteten Frauen im Gebiet Luhansk. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.

Nach dem Tod eines französischen Kriegsreporters in der Ukraine ermittelt die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft wegen möglicher Kriegsverbrechen. Die Untersuchungen wurden unter anderem wegen vorsätzlichen Angriffs auf das Leben einer durch das Völkerrecht geschützten Person aufgenommen, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der TV-Journalist Frédéric Leclerc-Imhoff kam am Montag bei Sjewjerodonezk in der Ostukraine ums Leben, als er eine humanitäre Evakuierung begleitete. Der 32 Jahre alte Reporter wurde von einem Bombensplitter getroffen. Es war sein zweiter Einsatz in der Ukraine seit Kriegsbeginn.

Unterdessen erinnert der ukrainische Präsident an mögliche Auswirkungen des Kriegs auf andere Teile der Welt. Nach Selenskyjs Angaben können 22 Millionen Tonnen Getreide, die bereits in der Ukraine für den Export gelagert seien, wegen der russischen Blockade der Häfen das Land nicht verlassen. Er warnte, dass dadurch in Ländern Afrikas, Asiens und Europas eine Hungersnot drohe, die wiederum eine Migrationsbewegung in Gang setzen könnte. Selenskyj sieht darin die Absicht des russischen Präsidenten Wladimir Putin, den Westen zu destabilisieren. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Auch westliche Politiker werfen Russland vor, auf eine Hungerkrise zu spekulieren und sie als Druckmittel einzusetzen, damit der Westen die Sanktionen abschwächt. Moskau weist diese Anschuldigungen zurück.

(peng/dpa)
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