Fronten sind verhärtet Ukraine bereitet Bürger auf russischen Gasliefer-Stopp vor

Kiew/Moskau · Das internationale Interesse an der Ukraine-Krise hat spürbar nachgelassen. Doch die Entwicklung bleibt beunruhigend. Die prowestliche Führung in Kiew erwartet eine Eskalation im Gasstreit mit Russland.

Wie gefährlich ist Russlands "Gas-Waffe"?
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Im milliardenschweren Gasstreit mit Russland hat die ukrainische Führung die eigene Bevölkerung auf einen bevorstehenden Lieferstopp vorbereitet. Ab Montag sei mit einer Unterbrechung der russischen Lieferungen zu rechnen, teilte der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk am Freitag mit. Dann läuft eine Frist Moskaus aus.

Die Fronten sind verhärtet. Ein erstes Telefongespräch der Präsidenten beider Länder, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, trug auch nicht zur Entspannung in den umkämpften Regionen der Ostukraine bei.

Bereits in den vergangenen Jahren war es im Streit um offene Rechnungen zu Unterbrechungen der Gaslieferungen an die Ukraine gekommen. Das bekamen auch Abnehmer in der Europäischen Union zu spüren. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für den Energiefluss in den Westen. Kiew hat nach eigenen Angaben nicht ausreichend Mittel im Staatsbudget, um die Schulden bei Russland zu begleichen.

Bei schweren Gefechten vertrieben Regierungseinheiten nach eigenen Angaben die prorussischen Separatisten aus dem Zentrum der Großstadt Mariupol am Asowschen Meer. Die Armee setzte demnach Granatwerfer und gepanzerte Fahrzeuge ein. Mindestens fünf Aufständische seien getötet und vier Soldaten verletzt worden, teilte Innenminister Arseni Awakow mit. "Über dem Rathaus weht wieder die ukrainische Flagge."

Petro Poroschenko als neuer Präsident der Ukraine vereidigt
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Bei Kämpfen im Gebiet Donezk erlitten die militanten Gruppen dem Verteidigungsministerium zufolge bedeutende Verluste. So seien bei der Ortschaft Stepanowka bereits am Donnerstag mehr als 40 Separatisten getötet worden.

Fragen und Antworten: Das ist Petro Poroschenko
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An der Grenze zu Russland brachten Regierungseinheiten nach Kiewer Angaben einen rund 120 Kilometer langen Gebietsstreifen unter ihre Kontrolle. Jedoch sei ein rund 184 Kilometer langer Abschnitt weiter in der Gewalt der Separatisten.

Experten in Kiew schließen nicht aus, dass über diesen Abschnitt aus Russland Waffen an die Aufständischen geliefert werden könnten. Der neue ukrainische Präsident Poroschenko hatte sich beim Telefonat mit Putin am Donnerstag über das angebliche Eindringen russischer Panzer auf ukrainisches Staatsgebiet beschwert. Nach unbestätigten Angaben könnten die Panzer ursprünglich auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim stationiert gewesen sein.

Im zugespitzten Gasstreit wies Russland Spekulationen über neue Verhandlungen an diesem Samstag zurück. "In den nächsten Tagen ist kein Treffen geplant. Wir warten auf unser Geld", sagte Sprecherin Olga Golant vom Energieministerium in Moskau der Agentur Itar-Tass. Die Ukraine müsse ihre Schulden bis zu diesem Montag, 8.00 Uhr MESZ, bezahlen. In den vergangenen Tagen waren bereits ähnliche Fristen verstrichen. Der russische Gazprom-Konzern erwartet von der Ukraine die zeitnahe Zahlung von 1,951 Milliarden US-Dollar (rund 1,44 Milliarden Euro).

Derzeit fordert Russland 485,5 US-Dollar je 1000 Kubikmeter Gas. In Verhandlungen hatte Moskau einen Preis von rund 385 US-Dollar angeboten. Die Ukraine will aber nur 268 US-Dollar zahlen.

Die EU-Kommission gab im Rahmen eines milliardenschweren Rettungspakets 250 Millionen Euro Finanzhilfe für das krisengeschüttelte Land frei. Mit der Budgethilfe könne Kiew unter anderem Reformen im Justiz- oder Verwaltungsbereich finanzieren, teilte die Behörde am Freitag in Brüssel mit. Im Rahmen des im März angekündigten EU-Pakets von elf Milliarden Euro für die Ukraine stehen insgesamt 355 Millionen Euro für die Stärkung staatlicher Institutionen zur Verfügung. Die nächste Teilzahlung von 105 Millionen Euro soll in den nächsten Monaten fließen.

(dpa)
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