Royal gegen Sarkozy TV-Duell um die Macht in Frankreich

Paris (RP). Verwaiste Innenstädte, schlecht besuchte Restaurants, ungewöhnlich leere Straßen, dafür eilig installierte Großleinwände in Turnhallen und Cafés: Das TV-Duell zwischen Nicolas Sarkozy (51) und Ségolène Royal (53) erwies sich in Frankreich als wahrer Straßenfeger.

So lief das TV-Duell
11 Bilder

So lief das TV-Duell

11 Bilder

Millionen Franzosen saßen ab 21 Uhr gebannt vor der Mattscheibe, um den mit Spannung erwarteten Schlagabtausch zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten live am Bildschirm zu verfolgen.

Royal, nicht wie üblich ganz in Weiß, sondern zu diesem besonderen Anlass in schwarzem Blazer und heller Bluse mit Maokragen, eröffnete die Feindseligkeiten in dem nach dem Vorbild eines Boxrings gestalteten Studio. Sarkozy sei mitverantwortlich für die "katastrophale Lage unseres Landes" empörte sich Royal und warf ihrem Gegenüber vor, als Innenminister versagt zu haben.

Die Sozialistin versuchte zu provozieren, zu polemisieren, um ihren Gegenüber aus der Reserve zu locken. Sarkozy, insgeheim genervt, bewahrte jedoch die Contenance und blieb betont höflich gegenüber einer Kontrahentin, die sich schnell in Detailforderungen verlor und immer wieder nervös auf ihre Notizen schielte.

Royal deutlich angespannter

Die Sozialistin, das verriet schon ihre angespannte Mimik, stand unter erheblich höherem Druck als ihr konservativer Konkurrent. Zwar hatte Royal in den letzten Meinungsumfragen zuletzt leicht aufgeholt, lag aber weiter hinter Sarkozy, der vor der Fernsehdebatte von sämtlichen Demoskopie-Instituten als Sieger in der Stichwahl am kommenden Sonntag gesehen wurde.

Royal dagegen musste den großen Spagat wagen, zwischen den Wählern der extremen Linken und jenen 6,8 Millionen Franzosen, die in der ersten Runde ihre Stimme dem Zentristen François Bayrou gegeben hatten - Wähler, um die auch Sarkozy gestern offen buhlte.

"Die Franzosen hoffen, dass die Masken fallen", hatte Jean-Daniel Lévy vom Umfrage-Institut CSA im Vorfeld des TV-Spektakels erklärt. "Beide Kandidaten verunsichern einen Teil der Bevölkerung: Während Royal einigen als sprunghaft gilt, macht Sarkozy den anderen mit seinen gesellschaftspolitischen Vorstellungen Angst."

Man spürte die prickelnde Atmosphäre in der Studio-Arena. Sarkozy und Royal saß die Drohung im Nacken: Eine ungeschickte Formulierung, eine deplazierte Geste, eine zu aggressive oder aber im Gegenteil zu passive Haltung, könnte die fünf bis sechs Millionen immer noch unentschiedenen Wähler zu ihren Ungunsten beeinflussen und die Wahl auf den letzten Metern kippen.

Experten: Duell unentschieden

Nach Auffassung von politischen Experten hat es bei dem Duell keinen klaren Sieger gegeben. Beide hätten vor allem ihre eigene Wählerschaft überzeugt, sagte der Kommunikationsexperte Thierry Vedel in der Nacht zum Donnerstag: "Es ist sinnlos, nach dem Gewinner zu fragen - wer für Sarkozy ist, wird ihn zum Sieger erklären und umgekehrt".

Der Politologe Philippe Braud bescheinigte beiden Kandidaten, die Klischees erfolgreich überwunden zu haben: "Ségolène Royal durfte nicht inkompetent wirken, Nicolas Sarkozy nicht ausrasten - das ist beiden gelungen".

Nach Auffassung des langjährigen Wahl-Beobachters Didier Maus dominierten innenpolitische Themen die Debatte: "Dies ähnelte eher der Debatte eines Superregierungschefs als eines Staatschefs mit gesellschaftlichen Visionen". Er sah zudem in dem Duell den allgemeinen Rechtsruck während des bisherigen Wahlkampfs bestätigt - "mit einem Nicoas Sarkozy, der rechter ist als Jacques Chirac und einer Ségolène Royale, die rechter ist als Lionel Jospin", dem früheren Premierminister und Präsidentschaftskandidaten der Sozialisten.

Sarkozy: Frauen als Sparringspartner

Sarkozy hatte sich zwei Tage lang in eine Villa auf Korsika zurückgezogen, um sich gezielt auf den alles entscheidenden Augenblick vorzubereiten. Dabei ließ er sich von vier Frauen coachen, die ihm als Sparringspartner dienten, um den Schlagabtausch mit einer weiblichen Gegnerin zu üben.

Sarkozy und Royal gehören zu einer neuen Generation französischer Politiker, die mit dem Fernsehen aufgewachsen sind. "Das sind Medienprofis", sagte Patrick Poivre d'Arvor, einer der beiden Journalisten, die die Debatte gestern Abend moderierten.

Sieben Jahre später freilich war der Sozialist der Sieger im Rede-Duell gegen Giscard und eroberte danach auch den Elysée. Der letzte Schlagabtausch dieser Art lag nun aber schon zwölf Jahre zurück. 2002 verweigerte Jacques Chirac eine Debatte mit Jean-Marie Le Pen, der es sensationell in die Stichwahl geschafft hatte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort