Volksabstimmung im Juli erwartet Türkei verabschiedet Verfassungsreform

Ankara (RPO). Das türkische Parlament hat in der Nacht zum Freitag eine umfangreiche Verfassungsreform verabschiedet und damit den Weg für ein Referendum freigemacht. In der Schlussabstimmung nach einem mehrwöchigen Beratungsmarathon stimmten 336 Abgeordnete für das Paket.

Merkel besucht die Türkei
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Die Reform wird nun Staatspräsident Abdullah Gül zur Unterschrift vorgelegt. Das geplante Referendum könnte Mitte Juli stattfinden. Die Opposition will die Reform allerdings mit einer Verfassungsklage stoppen.

Das Maßnahmenbündel aus fast 30 Einzelartikeln beinhaltet unter anderem Reformen zur Stärkung der zivilen Kontrolle über die Militärs. Mit der Verfassungsänderung wird auch die bisher geltende Straffreiheit der Putsch-Generäle aufgehoben, die den Staatsstreich von 1980 anführten und die für den Tod und die Misshandlung vieler Menschen verantwortlich gemacht werden.

Umstritten ist allerdings die in dem Paket enthaltene Justizreform, die von Regierungsgegnern als verfassungswidriger Eingriff in die Gewaltenteilung kritisiert wird. Ein ebenfalls kontroverses Vorhaben zur Erschwerung von Parteiverboten erhielt bei der Einzelabstimmung nicht die erforderliche Mehrheit und musste aus dem Paket entfernt werden.

Die religiös-konservative Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan setzte das Verfassungspaket mit den Stimmen ihrer 336 Abgeordneten im Parlament durch. Für eine direkte Verfassungsänderung sind mindestens 367 Stimmen erforderlich, doch wird bei einem Abstimmungsergebnis von mindestens 330 Stimmen laut türkischen Gesetzen innerhalb von zwei Monaten nach der Zustimmung durch den Staatspräsidenten eine Volksabstimmung angesetzt.

Es wird erwartet, dass Staatschef Gül die Reform innerhalb der kommenden zwei Wochen unterzeichnet, so dass die Wähler Mitte oder Ende Juli zur Urne gerufen werden können. Eine solche Volksabstimmung wäre gleichzeitig eine Art Vertrauensvotum über die Erdogan-Regierung ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen. Laut Umfragen kann die AKP mit einer Zustimmung der Wähler zur Verfassungsreform rechnen.

Unterdessen bereiten Erdogan-Gegner im Parlament eine Verfassungsklage vor, für die Unterschriften von mindestens 110 Abgeordneten notwendig ist. Die linksnationale Oppositionspartei CHP, die über 97 Mandate verfügt, wirbt derzeit um Unterstützung für eine Klage und ist zuversichtlich, die Mindestzahl erreichen zu können. Im Fall einer Verfassungsklage könnte die Vorbereitung für das Referendum per einstweiliger Verfügung gestoppt werden. Das mehrheitlich mit AKP-Gegnern besetzte Verfassungsgericht hatte in den vergangenen Jahren bereits mehrmals Gesetzgebungsvorhaben der Regierungspartei annulliert.

(AFP/born)
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