Türkei Regierung distanziert sich von Todesstrafe

Ankara · Seit dem Putschversuch wird in der Türkei über eine Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert. Regierungschef Yildirim distanziert sich nun von entsprechenden Forderungen. Für den Prediger Gülen fordert die Staatsanwaltschaft rund 2000 Jahre Haft.

 Regierungschef Binali Yildirim will lieber lange Haftstrafen statt die Todesstrafe

Regierungschef Binali Yildirim will lieber lange Haftstrafen statt die Todesstrafe

Foto: afp, AFP

"Ein Mensch stirbt nur einmal, wenn er hingerichtet wird", sagte Binali Yildirim im Parlament in Ankara. Die Unterstützer des Putschversuchs in der Türkei hätten aber eine härtere Bestrafung verdient, nämlich "ein unparteiisches und faires Verfahren". Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden, und zwar mit rechtsstaatlichen Mitteln und nicht aus Rache.

Kurz nach dem gescheiterten Umsturzversuch hatte die türkische Regierung eine Wiedereinführung der Todesstrafe in Aussicht gestellt. In seinen jüngsten Reden ging Präsident Recep Tayyip Erdogan aber nicht mehr auf das Thema ein. Die Türkei hatte die Todesstrafe im Jahr 2002 im Zuge ihres Strebens nach einer EU-Mitgliedschaft abgeschafft. Rufe nach ihrer Wiedereinführung wurden international scharf kritisiert, Vertreter der Europäischen Union drohten für diesen Fall mit einem Abbruch der Beitrittsgespräche mit Ankara.

Die Türkei macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger für den versuchten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich. Die Staatsanwaltschaft fordert rund 2000 Jahre Haft für Gülen. In einer 2527 Seiten langen Klageschrift legt die Behörde Gülen einen "Versuch zur gewaltsamen Zerstörung der verfassungsmäßigen Ordnung" zur Last, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Neben dem Versuch der gewaltsamen Zerstörung der verfassungsmäßigen Ordnung listet die Klageschrift gegen den 75-jährigen islamischen Prediger auch den Vorwurf der "Bildung und Führung einer bewaffneten terroristischen Gruppe" auf. Die Strafforderung der Staatsanwaltschaft summiert sich auf zweimal lebenslänglich und weitere 1900 Jahre Gefängnis.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht seinen einstigen Weggefährten und heutigen Rivalen Gülen als Drahtzieher des Umsturzversuchs vor einem Monat, bei dem 283 Menschen getötet und mehr als 2000 weitere verletzt worden waren. Erdogan verlangt daher mit Nachdruck die Auslieferung des Geistlichen, der seit 1999 im Exil in den USA lebt. Die USA wollen dem Gesuch aber nur nachkommen, wenn Ankara konkrete Beweise präsentiert.

(crwo/afp)
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