Kommunalwahlen Türkei: Erdogans AKP kann auf den Wahlsieg hoffen

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Kommunalwahlen am Sonntag zu Schicksalswahlen erklärt. Jetzt entschieden die Wähler. Erste Teilergebnisse der Kommunalwahlen sprechen für eine satte Mehrheit der islamischen Regierungspartei AKP.

Kommunalwahl in der Türkei: Erdogan kämpft um sein Lebenswerk
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Laut Medienberichten kam die islamisch-konservative Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) bei der Wahl am Sonntag nach Auswertung von 18 Prozent der Stimmen landesweit auf knapp 48 Prozent. Erdogan hatte den Urnengang zur Abstimmung über seine politische Zukunft gemacht.

Laut den Nachrichtensendern NTV und CNN-Türk lag die AKP in den wichtigen Großstädten Istanbul und Ankara deutlich vor der Opposition. Die beiden Sender sahen die Partei bei knapp 48 Prozent. Laut der Nachrichtenagentur Cihan kam sie dagegen nur auf 44,7 Prozent. Das wären rund fünf Prozentpunkte unter dem AKP-Ergebnis bei der Parlamentswahl 2011, jedoch immer noch deutlich mehr als die 38,8 Prozent, die sie bei den letzten Kommunalwahlen erreichte.

Erdogan hat die Losung ausgegeben, alles über 38,8 Prozent sei diesmal ein Erfolg. Die Kommunalwahlen sind ein wichtiger Stimmungstest für den Ministerpräsidenten. Das Wahlergebnis wird mit darüber entscheiden, ob der 60-Jährige sich im August um das Präsidentenamt bewirbt. Der konservative Politiker steht seit den wochenlangen Massenprotesten im vergangenen Sommer wegen seines zunehmend autoritären Regierungsstils in der Kritik.

Die Bevölkerung ist in ihrer Haltung zu Erdogan gespalten wie nie zuvor: Während die einen ihn als großen Modernisierer verehren, der die Wirtschaft in Schwung brachte, werfen ihm andere Missachtung von Demokratie und Bürgerrechten vor. Nachdem im Sommer seine harte Reaktion auf die Proteste gegen die Umgestaltung des Istanbuler Gezi-Parks auf Kritik gestoßen war, kam Mitte Dezember ein massiver Korruptionsskandal hinzu.

Erdogan betrachtet die Ermittlungen gegen Politiker und Geschäftsleute aus seinem Umfeld als Verschwörung der Anhänger seines einstigen Weggefährten, des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Er ließ tausende Polizisten, Richter und Staatsanwälte versetzen, die er verdächtigte, Gülen-Anhänger zu sein. Zudem ließ Erdogan die Internet-Plattformen Twitter und YouTube sperren, um zu verhindern, das über sie Korruptionsvorwürfe verbreitet werden.

Die Sperrungen stoßen in der Bevölkerung auf massive Proteste. Selbst Staatspräsident Abdullah Gül, ein alter Weggefährte Erdogans, setzte sich demonstrativ über dessen Twitter-Verbot hinweg. Auch den Vorwurf einer ausländischen Verschwörung übernahm er nicht. Erdogan sagte am Sonntag bei der Stimmabgabe in Istanbul, "die Nation wird heute die Wahrheit sagen". Die Wahl werde "ein Schritt zu mehr Demokratie" werden.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu sagte bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Ankara, die türkische Demokratie müsse "gestärkt und gesäubert" werden. Er vertraue auf das Volk, damit eine "angenehme Demokratie" gebaut werden könne, sagte der Vorsitzende der säkularistischen Republikanischen Volkspartei (CHP).

Überschattet wurde die Wahl am Sonntag von gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Anhängern rivalisierender Kandidaten im Südosten des Landes. In einem kleinen Dorf im Südosten gab es dabei sechs Tote und vier Verletzte, wie die Nachrichtenagentur Dogan meldete. Auch in der südlichen Stadt Hatay griffen verfeindete Familien einander mit Knüppeln, Messern und Gewehren an. Dabei wurden laut Dogan zwei Menschen getötet und neun verletzt.

(pst)
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