Türkei Islam-Treue wird zum Wahlkampfthema

Istanbul · Frömmigkeit und Islam-Treue werden zum Thema im türkischen Parlamentswahlkampf. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Montag in einer vom Fernsehen übertragenen Rede im südostanatolischen Siirt, er sei mit dem Koran aufgewachsen und lebe nach den Geboten der Heiligen Schrift des Islam.

Recep Tayyip Erdogan: Das ist der türkische Staatspräsident
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Das ist Recep Tayyip Erdogan

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Bei Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu sehe das wohl anders aus. Kilicdaroglu hatte Erdogan kurz zuvor vorgeworfen, den Koran für politische Zwecke auszunutzen. Erdogan und seine Familie sind als fromme sunnitische Muslime bekannt. Kilicdaroglu, Chef der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP), ist Mitglied der Aleviten, einer muslimischen Minderheit, die sich in der Türkei von der sunnitischen Mehrheit unterdrückt fühlt.

Vor der Parlamentswahl am 7. Juni greift Erdogan trotz seiner offiziellen Neutralität als Staatsoberhaupt offen auf der Seite seiner früheren islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in den Wahlkampf ein. Das Thema Islam spielt dabei eine wichtige Rolle. So lehnt Erdogan die Forderung der Kurdenpartei HDP nach Abschaffung des staatlichen Religionsamtes ab. Kritiker werfen der Behörde vor, sich vor allem für die Belange der sunnitischen Mehrheit einzusetzen.

Eine prokurdische Partei hat dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyib Erdogan jetzt vorgeworfen, sich im derzeitigen Wahlkampf nicht neutral zu verhalten. Die Demokratische Partei der Völker (HDP) forderte am Dienstag die Wahlkommission auf, ihn deshalb zu ermahnen. Als Staatsoberhaupt sei er verpflichtet, über den Parteien zu stehen, erklärte die HDP. Die Wahlkommission solle sicherstellen, dass er sich bis zur Wahl am 7. Juni neutral verhalte.

Erdogan war bis zu seiner Wahl zum Präsidenten im vergangenen August Chef der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP). Er will die Türkei zu einer Präsidialdemokratie machen und hat sich im Wahlkampf auf großen Kundgebungen gezeigt, auf denen er die Opposition kritisierte. Staatspräsidenten vor ihm hatten sich auf ihre repräsentativen Pflichten beschränkt. Die Richtlinien der Politik bestimmt bisher der Ministerpräsident - aus diesem Amt ist Erdogan in den Präsidentenpalast gewechselt. Erdogan hatte erklärt, er halte eine "gleiche Distanz" zu allen Parteien ein, habe aber eine besondere Verbundenheit zur AKP.

(KNA/ap)
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