Nach Putschversuch Türkei beschuldigt deutsche Firmen der Terrorunterstützung

Hamburg · Die türkische Regierung sieht einem Medienbericht zufolge Dutzende deutsche Unternehmen als Terrorunterstützer an. Ankara soll eine Liste an das Bundeskriminalamt übergeben haben, auf der unter anderem Daimler und BASF stehen - und eine Dönerbude in NRW.

Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Rede (Archivbild vom 16.07.2017).

Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Rede (Archivbild vom 16.07.2017).

Foto: rtr, UB/ANF

Die Liste soll dem Bundeskriminalamt (BKA) vor Wochen übergeben worden sein, berichtete die Wochenzeitung "Die Zeit" am Mittwoch. Darauf finden sich dem Bericht zufolge die Namen von insgesamt 68 Unternehmen und Einzelpersonen. Darunter seien Konzerne wie Daimler und BASF, aber auch ein Spätkauf-Imbiss und die Dönerbude.

Die genannten Unternehmen sollen demnach Verbindungen zur Bewegung des Predigers Fethullah Gülen haben, den der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch vor einem Jahr verantwortlich macht. In Berliner Regierungskreisen werde die Liste als "absurd" und "lächerlich" bezeichnet, berichtete die "Zeit". Das BKA habe die türkischen Behörden um weiterführende Informationen gebeten, bislang aber keine Antwort erhalten.

Derweil eskaliert die diplomatische Krise zwischen Deutschland und der Türkei. Am Mittwoch bestellte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) den türkischen Botschafter ein, um mit ihm über die Verhaftung eines deutschen Menschenrechtlers zu sprechen. Die Türkei hatte mit der Inhaftierung Steudtners und fünf weiterer Menschenrechtsaktivisten international große Empörung ausgelöst.

Nach Angaben von SPD-Chef Martin Schulz erwägt die Bundesregierung sogar eine Verschärfung der Reisehinweise zum Schutz deutscher Staatsbürger in der Türkei. "Der Außenminister wird sicher genau prüfen, welche diplomatischen Schritte notwendig sind", sagte Kanzlerkandidat Schulz am Mittwoch in Berlin. Die Zeit des Abwartens sei vorbei. Es liege nahe, dass dazu auch die Frage von Reisehinweisen geprüft und diese "dann ausgesprochen werden". Er könne der Prüfung im Außenministerium aber nicht vorgreifen, betonte Schulz.

Schulz sagte, die deutsche Kritik an Präsident Erdogan sei keine Kritik am türkischen Volk. "Sie richtet sich gegen eine Politik, bei der Bürger unseres Landes ganz offensichtlich zu Geiseln der Innenpolitik der Türkei gemacht werden." Angesichts der Willkür gegenüber Bundesbürgern sei es an der Zeit, das Verhältnis zur Türkei zu überdenken. Es mache keinen Sinn, die Verhandlungen zur Ausweitung der Zollunion weiter voranzutreiben oder bestimmte europäische Finanzhilfen an die Türkei zu zahlen. "Es ist jetzt auch die Zeit, wo das Schweigen der Bundeskanzlerin ein Ende haben muss. Wir erwarten, dass die Regierungschefin dieses Landes die notwendigen Schritte ergreift", sagte Schulz.

(oko/AFP/dpa)
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