Russlandaffäre Trumps Achillesferse

Washington · Der Sonderrermittler Robert Mueller untersucht, ob es geheime Absprachen zwischen Donald Trumps Wahlkampfteam und Russland gab. Entscheidend könnten nun die Aussagen Michael Cohens sein, des ehemaligen Anwalts des US-Präsidenten.

Trumps Achillesferse heißt Michael Cohen
Foto: dpa/Evan Vucci

Michael Cohen war einmal ein großer Fan Donald Trumps. Schon als Teenager las er „The Art of the Deal“, die Business-Fibel des Bauunternehmers, nach eigenem Bekunden gleich zweimal, weil er das Buch so lehrreich fand. Später, da war er im Taxigeschäft New Yorks zu Geld gekommen, kaufte er ein Appartement im Trump World Tower, einem Wolkenkratzer in der Nähe des UN-Hauptquartiers am East River. Dem ersten Wohnungsdeal folgten weitere, in Gebäuden namens Trump Palace und Trump Park Avenue, bis er als Rechtsberater bei der Trump-Organisation einstieg. Cohen war mehr als nur ein Anwalt, er war ein enger Vertrauter.

Von den Treueschwüren ist jedoch nichts geblieben. Eigene Schwäche und blinde Loyalität gegenüber dem von ihm so bewunderten Mogul habe ihn den „Pfad der Dunkelheit statt des Lichts“ einschlagen lassen, sagte der 52-Jährige während eines hochemotionalen Auftritts vor Gericht in Manhattan, wo er am Mittwoch zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Abgehakt ist der Fall mit dem Spruch des Richters noch nicht. Wenn nicht alles täuscht, könnte er Trump noch in akute Erklärungsnot bringen. 2016 arrangierte Cohen für den damaligen Präsidentschaftskandidaten Schweigegeldzahlungen an zwei Frauen, die nach eigener Aussage Sexaffären mit Trump hatten. In der heißen Phase des Duells gegen Hillary Clinton wollte der Unternehmer verhindern, dass die beiden, die Pornodarstellerin Stephanie Clifford (alias Stormy Daniels) und das Playboy-Model Karen McDougal, mit ihren Schilderungen an die Öffentlichkeit gingen. An Clifford zahlte Cohen selbst, im Falle McDougals spannte er David Pecker ein, den Chef des Medienhauses AMI, unter dessen Dach das schrille Boulevardblatt National Enquirer erscheint. AMI erwarb die Rechte an der Geschichte des Models – von vornherein in der Absicht, sie nicht zu drucken.

Die geheimen Zuwendungen waren ein Verstoß gegen Gesetze, die für Zahlungen mit dem Ziel der Beeinflussung einer Wahl Transparenz vorschreiben. Dass Trump sie persönlich anordnete, hat Cohen mittlerweile mehrfach betont. Es war Robert Mueller, der Sonderermittler der Russlandaffäre, der sie entdeckte und seine Erkenntnisse an die New Yorker Staatsanwaltschaft weiterreichte, die daraufhin Cohen vernahm. Damit steht der Präsident als Anstifter zu einer Straftat da, auch wenn er abwiegelt, es habe sich lediglich um eine „private Transaktion“ gehandelt. Im Übrigen, twitterte er nach dem Urteil, hätte Cohen als Jurist die Rechtslage kennen müssen.

Siebenmal hat Cohen mit Muellers Leuten geredet. Was genau sie von ihm erfuhren, vermag kein Außenstehender zu sagen. Mueller hat sich, seit er Sonderermittler ist, kein einziges Mal öffentlich geäußert. Gleichwohl lassen Informationsbruchstücke den Schluss zu, dass Cohen auch Interna zu Protokoll gab, die unmittelbar mit Muellers Auftrag zu tun haben: herauszufinden, ob Trumps Wahlkampfteam 2015/16 geheime Absprachen mit dem Kreml traf.

So gab der Jurist zu, das Parlament belogen zu haben, als er nach einem Bauprojekt Trumps in Moskau gefragt wurde. Tatsächlich, räumte er ein, habe man bis Sommer 2016 über einen Trump Tower an der Moskwa verhandelt und nicht, wie anfangs behauptet, nur bis zum Beginn des Kandidatenwettlaufs der Republikaner. Im Raum steht die Frage, ob Wladimir Putins Umfeld die Hochhaus-Sondierungen nutzte, eventuelle Bankkredite für das Vorhaben eingeschlossen, um Trump zu beeinflussen. Antworten gibt es bis dato nicht. Das Repräsentantenhaus, ab Januar von den Demokraten beherrscht, könnte Cohen nochmals vorladen, um das Kapitel auszuleuchten.

Dann wäre da noch, zweitens, der Ex-General Michael Flynn, Trumps erster Sicherheitsberater. Im Unterschied zu Cohen, der sich offiziell nie zur Kooperation mit Mueller verpflichtete, hat er uneingeschränkt mit den Ermittlern zusammengearbeitet. Da er an politischen Weichenstellungen beteiligt war, sind weitere Enthüllungen nicht auszuschließen. Es war Flynn, der einen vertraulichen Gesprächskanal zu Sergej Kisljak, seinerzeit Botschafter Russlands in Washington, etablierte. Dass er vertuschte, was er mit Kisljak beredete, etwa die Aufhebung von Sanktionen, die Präsident Barack Obama verhängt hatte, kostete ihn seinen Posten im Weißen Haus. Offen bleibt, ob Flynn auf eigene Faust handelte oder auf Anweisung Trumps.

Drittens: Maria Butina, vermeintlich begeistertes Mitglied der National Rifle Association (NRA), des Verbands der Waffenfreunde. Gemeinsam mit ihrem Mentor Alexander Torschin, damals Vizegouverneur der russischen Zentralbank, versuchte sie ein Treffen mit Donald Trump junior, Trumps ältestem Sohn, am Rande einer NRA-Tagung in Kentucky anzubahnen. Daraus wurde nichts, weil Trumps Schwiegersohn Jared Kushner abriet. Butina ist inzwischen wegen Spionageverdachts angeklagt worden.

Der vierte Strang lief über New York, wo Trump junior, Kushner und der Wahlkampfmanager Paul Manafort im Juni 2016 die russische Rechtsanwältin Natalja Weselnizkaja empfingen, nachdem man ihnen „Dreck“ über Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte. Als es publik wurde, gab Trumps Ältester Erklärungen ab, die vom Thema ablenken sollten. Um den Spross zu verteidigen, diktierte auch der Präsident ein Statement, das sich als falsch entpuppte.

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