Oberster Gerichtshof Todesstrafe gegen Jugendliche in USA abgeschafft

Washington (rpo). In 19 Bundesstaaten der USA dürfen Straftäter bislang auch dann hingerichtet werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Tat noch minderjährig waren. Künftig ist das nicht mehr möglich, der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten setzte diese Praxis außer Kraft.

Damit wurden zugleich die Todesurteile gegen 72 jugendliche Mörder aufgehoben. Solche Hinrichtungen verstießen wegen ihrer Grausamkeit gegen die amerikanische Verfassung, erklärten die Richter mit der knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen. Die Befürworter der Todesstrafe kritisierten die Entscheidung.

Es war bereits deren zweite Niederlage binnen drei Jahren. 2002 hatten die Obersten Richter die Hinrichtung von geistig nicht zurechnungsfähigen Tätern untersagt. Dabei wurde ebenfalls auf den achten Verfassungszusatz verwiesen, der grausame und ungewöhnliche Strafen verbietet.

Das Gericht hatte zuvor schon Hinrichtungen von Tätern untersagt, die jünger als 15 Jahre alt waren. Das jetzige Urteil betrifft 16- und 17-Jährige. Seit der Wiederzulassung der Todesstrafe in den USA 1976 sind insgesamt 22 Jugendliche hingerichtet worden, 13 davon allein in Texas.

Anthony Kennedy erklärte für die Mehrheitsmeinung des Richtergremiums, die meisten US-Staaten hätten die Todesstrafe gegen jugendliche Straftäter ohnehin schon abgeschafft. In den übrigen sei sie sehr uneinheitlich angewendet worden. Auch international sei diese Form der Bestrafung geächtet. Todesurteile gegen Jugendliche werden weltweit nur in wenigen Staaten vollstreckt, darunter Iran, Pakistan, China und Saudi-Arabien.

Für die Minderheit der Richter erklärte Antonin Scalia, der Gerichtshof habe kein Recht, den Einzelstaaten die Entscheidungsbefugnis über Hinrichtungen zu nehmen.

Dianne Clements von der Opferorganisation Justice for All äußerte die Hoffnung, dass bei der Besetzung der nächsten freien Stelle beim Obersten Gericht die Befürworter der Todesstrafe wieder die Mehrheit erlangten. Jugendlichen Mördern seien jetzt Tür und Tor geöffnet. Der Chef der US-Sektion von Amnesty International, William Schulz, erklärte dagegen, die Rechte von Kindern hätten endlich obsiegt.

Die Todesstrafe ist in 38 der 50 US-Staaten zugelassen. Insgesamt droht zurzeit mehr als 3.400 Häftlingen die Hinrichtung.

(ap)
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