Politische Gefangene in der Ukraine Timoschenkos Gatte erhält Asyl in Tschechien

Prag · Tschechien hat dem Ehemann der inhaftierten früheren ukrainischen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko politisches Asyl gewährt. Das tschechische Innenministerium habe am Freitag dem Antrag von Oleksandr Timoschenko zugestimmt, teilte Sprecher Vladimir Repka mit. Nähere Details zur Entscheidung nannte er nicht.

Julia Timoschenko - die gefallene Heldin
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Julia Timoschenkos Anwalt Sergej Wlassenko sagte dem russischen Fernsehsender NTV, Olekandr Timoschenko habe Asyl in Tschechien beantragt, weil in der Ukraine strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn aufgenommen worden seien, um den Druck auf seine inhaftierte Frau zu erhöhen.

Ein Kiewer Bezirksgericht hatte Julia Timoschenko im Oktober zu sieben Jahren Haft verurteilt, weil sie in ihrer Zeit als Regierungschefin einen für die Ukraine ungünstigen Gas-Liefervertrag mit Russland unterzeichnet und dabei ihr Amt missbraucht haben soll. Die EU hat das Verfahren wiederholt als politisch motiviert kritisiert.

Prag hatte schon einmal Timoschenko-Verbündeten Asyl gewährt

Tschechien hatte bereits vor einem Jahr dem früheren ukrainischen Wirtschaftsminister Bohdan Danilischin politisches Asyl gewährt. Dem Verbündeten von Julia Timoschenko wurde in seiner Heimat Amtsmissbrauch vorgeworfen. Das Vorgehen Tschechiens hatte die Beziehungen zur Ukraine belastet. Beobachter erwarteten, dass die Entscheidung, Timoschenkos Ehemann Asyl zu gewähren, ebenfalls dem Verhältnis schaden könnte.

Im Mai wiesen die ukrainischen Behörden zwei Mitarbeiter im Militärbereich der tschechischen Botschaft in Kiew aus. Ihnen wurde Spionage vorgeworfen. Tschechische Beamte vermuteten, dass die Handlung mit dem Fall Danilischin zu tun hatte.

Dennoch erklärte der tschechische Innenminister Jan Kubice am Freitag, er glaube nicht, dass die Genehmigung von Oleksandr Timoschenkos Asylantrag den tschechischen Beziehungen zur Ukraine schaden werde.

Untersuchung durch kanadische Ärzte verlangt

Unterdessen wurde bekannt, dass Julia Timoschenko sich in der Haft von einem kanadischen Ärzteteam untersuchen lassen will. Das bestätigte ihr Anwalt Wlassenko nach übereinstimmenden ukrainischen Medienberichten vom Freitag. Zu ukrainischen Ärzten habe Timoschenko kein Vertrauen, weil diese "von der Staatsmacht abhängig" seien, sagte Wlassenko.

Die 51-jährige ehemalige Regierungschefin sei deshalb bereit, ein entsprechendes Angebot aus Kanada anzunehmen. "Aber das hängt nicht allein von ihr ab", fügte Wlassenko hinzu. Timoschenko ist an einem bislang nicht näher diagnostizierten Rückenleiden erkrankt und kann sich nach Auskunft von Wlassenko "nicht selbstständig bewegen".

Unterdessen protestierten Anhänger von Timoschenko trotz eines Demonstrationsverbots vor der Strafkolonie Katschaniwska gegen die Inhaftierung der Oppositionspolitikerin. Timoschenko war Ende des vergangenen Jahres in das Frauengefängnis im ostukrainischen Charkow verlegt worden, nachdem ein Berufungsgericht den Schuldspruch gegen sie bestätigt hatte.

(dapd)
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