Gewalt gegen Bevölkerung Äthiopien kündigt sofortige Waffenruhe in der Provinz Tigray an

Addis Abeba · Hunderttausende Menschen stecken in der Region Tigray in einer humanitären Krise fest, Hilfsorganisationen können sie wegen der Kämpfe kaum erreichen. UN-Generalsekretär Guterres nennt die Lage „äußerst besorgniserregend“.

 Blick auf die Stadt Mekelle im nord-äthiopischen Tigray durch ein Einschussloch in einem Krankenhausfenster (Archivfoto von Mai 2020).

Blick auf die Stadt Mekelle im nord-äthiopischen Tigray durch ein Einschussloch in einem Krankenhausfenster (Archivfoto von Mai 2020).

Foto: AP/Ben Curtis

Nach monatelanger Gewalt hat die äthiopische Regierung eine Waffenruhe in der umkämpften nördlichen Region Tigray angekündigt. Die Feuerpause solle ab sofort gelten, hieß es in einer Mitteilung am Montagabend. Zuvor hatte sich bereits die Übergangsregierung in Mekelle, der Hauptstadt Tigrays, für eine Waffenruhe ausgesprochen.

Die Ankündigung kam für viele Beobachter überraschend. Nach nicht offiziell bestätigten Berichten auf Twitter sollen Repräsentanten der äthiopischen Zentralregierung überstürzt die Stadt verlassen haben. Berichten zufolge haben Rebellen der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) bereits Positionen in der Stadt eingenommen. Eine unabhängige Überprüfung der Berichte war zurzeit nicht möglich.

Die äthiopische Regierung gab an, die Feuerpause solle es Bauern in Tigray ermöglichen, ihre Felder zu bestellen, und humanitären Organisationen erlauben, ungehindert in Tigray zu arbeiten. Die Waffenruhe soll zunächst bis zum Ende der Erntesaison gelten.

Der UN-Sicherheitsrat soll sich mit dem Thema Tigray beschäftigen. Die USA, Großbritannien und Irland beantragten am Montag ein Treffen des mächtigsten UN-Gremiums. Ein Tag für die Sitzung stand Diplomaten zufolge noch nicht fest.

UN-Generalsekretär António Guterres teilte mit, er sei nach einem Gespräch mit dem äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed "hoffnungsvoll, dass es zu einer wirksamen Einstellung der Feindseligkeiten kommt". Die jüngsten Entwicklungen seien "extrem besorgniserregend". Sie zeigten, dass es keine militärische Lösung für die Krise gebe.

Äthiopische Regierungstruppen hatten im November die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF angegriffen. Abiy, der 2019 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, begründete den Einmarsch damit, dass Aufständische zuvor Militärbasen angegriffen hätten. Kurz darauf erklärte er die TPLF für besiegt. Doch auch Monate später gingen die Kämpfe weiter. Immer wieder gab es Berichte über Gewaltexzesse und zahlreiche zivile Opfer.

Die mehr als fünf Millionen Einwohner der Region wurden außerdem fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Hilfsorganisationen zufolge leiden in Folge der Kämpfe 350.000 Menschen in Tigray unter einer Hungersnot. Wegen der Sicherheitslage und bürokratischer Hürden hatten Hilfsorganisationen lange keinen vollen Zugang zu allen Notleidenden.

(peng/dpa/AFP)
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