Übereinstimmende Medienberichte Theresa May will Freitag ihren Rücktritt ankündigen

London · Die britische Premierministerin trifft offenbar Vorbereitungen für einen geplanten Rücktritt. In etlichen Medienberichten hieß es, May wolle am Freitag den 10. Juni als Datum für einen Rückzug als Regierungschefin nennen.

Zuletzt war der Druck aus den eigenen Reihen auf May massiv gestiegen, beiseite zu treten und einem neuen Premier die festgefahrenen Bemühungen um einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zu überlassen.

Angesichts zunehmender politischer Isolation hatte May bereits ihren Plan auf Eis gelegt, ihren Brexit-Deal zu veröffentlichen. Eigentlich war dies für Freitag geplant, Anfang Juni will sie nach bisherigen Angaben den mittlerweile vierten Versuch unternehmen, den Entwurf durch das Parlament zu bekommen. Nun sagte Mays Verbindungsmann im Unterhaus, Mark Spencer, das Unterhaus werde über Veröffentlichung und Einführung des Gesetzes zur Austrittsvereinbarung nach dem 4. Juni informiert.

In weitere Bedrängnis brachte May zudem der Rücktritt ihrer Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, am Mittwoch. Diese hatte ihren Schritt damit begründet, dass sie den Brexit-Deal der Premierministerin nicht unterstützen könne. „Niemand hat Ihren Erfolg mehr gewünscht als ich, aber ich dränge Sie nun, die richtigen Entscheidungen im Interesse des Landes, dieser Regierung und unserer Partei zu treffen“, sagte Leadsom an Mays Adresse gerichtet.

Der Gesetzentwurf hat viele Brexit-Befürworter in ihrer eigenen Partei gegen May aufgebracht - insbesondere wegen der Option eines neuen Referendums zur EU-Mitgliedschaft. Mehrere Tory-Abgeordnete forderten May auf, am Freitag ihrem Rücktritt als Parteichefin zuzustimmen. Andernfalls würden sie ein parteiinternes Misstrauensvotum gegen sie anstreben. Sollte sie dabei der Parteiführung enthoben werden, würde das auch ihr Ende als Premierministerin einläuten. In Großbritannien sind beide Funktionen traditionell miteinander verknüpft.

Mays Sprecher James Slack sagte, May werde Anfang Juni als Premierministerin US-Präsident Donald Trump als Staatsgast empfangen. „Sie freut sich darauf, den Präsidenten willkommen zu heißen“, sagte er. Im politischen London wurde das nicht unbedingt als Ansage verstanden, dass May bleibt. Denn sollten die Konservativen May als Parteichefin absetzen, dürfte es einige Wochen dauern, bis sie einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin wählen. Bis dahin bliebe May als geschäftsführende Premierministerin im Amt. Trump besucht Großbritannien vom 3. bis 5. Juni.

Ursprünglich sollte Großbritannien am 29. März aus der EU ausscheiden. Nach dem dreimaligen Scheitern des Brexit-Abkommens im Unterhaus sehen viele Konservative inzwischen May als ein Hindernis für die Scheidung an. Alarmiert sind sie über hohe Zustimmungswerte für die Brexit-Partei von Nigel Farage, deren einziger Programmpunkt der Austritt aus der EU ist. Doch nicht nur durch Brexit-Befürworter drohen den Konservativen große Verluste bei der Europawahl: Auch Parteien, die für den Verbleib in der EU sind, wie die Liberaldemokraten und Grünen, sind im demoskopischen Aufwind.

(lukra/dpa)
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