Entscheidung über Zollunion May übersteht weitere Brexit-Abstimmung im Parlament

London · Erfolg für die britische Premierministerin May bei einer wichtigen Brexit-Entscheidung: Das Unterhaus lehnte am Mittwochabend einen Antrag des Oberhauses ab, der einen Verbleib des Landes in der EU-Zollunion vorsah. Doch es gibt noch mehr Hürden zu bewältigen.

 Theresa May während einer Befragung im britischen Unterhaus.

Theresa May während einer Befragung im britischen Unterhaus.

Foto: dpa/Pa

Britische Abgeordnete haben sich in der Brexit-Frage über eine etwaige gemeinsame Zollunion mit der EU hinter Premierministerin Theresa May gestellt. Sie lehnten den entsprechenden Vorstoß pro-europäischer Lords am Mittwoch ab. Für Mays konservative Regierung, die das Land im kommenden Jahr aus der Europäischen Union führen soll, war das Votum zwar ein Erfolg. Der ist aber vermutlich nur von kurzer Dauer.

Das EU-Austrittsgesetz soll den Rahmen für Großbritanniens Loslösung von seit 40 Jahren geltenden EU-Regeln und Vorschriften bilden. Im Parlament wird der Entwurf hin- und hergereicht, bis sich Ober- und Unterhaus über den Text einig sind. Zuletzt kehrte das Unterhaus etwa mit einer Reihe von Abstimmungen Änderungen des House of Lords um, die den EU-Ausstieg abfedern beziehungsweise softer gestalten sollten.

Trotz des Votums sind viele Abgeordnete dennoch überzeugt, dass Großbritannien in einer Zollunion mit der EU bleiben muss. Während Mays Kabinett stets betont, außerhalb der Zollunion könne das Land Handelsvereinbarungen in der ganzen Welt eingehen, befürchten Unternehmen Strafzölle oder anderen Handelsbarrieren auf britische Güter in Europa.

Zum Problem wird auch die noch unsichtbare Grenze zwischen Nordirland, das zum Vereinigten Königreich gehört, und dem EU-Land Irland. Großbritannien will die Grenze offen halten und keine Kontrollposten errichten. „Partnerschaft, Liebestanz - mir ist egal, wie Sie es nennen, es ist das, was wir brauchen, um eine Grenze zu Nordirland zu verhindern“, sagte die pro-europäische Konservative Heidi Allen. Die britische Regierung hat nicht gesagt, wie sie sich das vorstellt.

Bereits am Dienstag hatte May im Gerangel um das EU-Austrittsgesetz mit Zugeständnissen eine Niederlage abgewendet. Das Unterhaus sprach sich mit 324 zu 298 Stimmen gegen Maßnahmen aus, die die Regierung zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zwingen würden, falls den Abgeordneten die mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Bedingungen nicht gefallen.

Im Gegenzug dafür sagte May zu, die Bedenken der Parlamentarier in die Bedingungen einzuflechten. Zugleich warnte sie, das Parlament könne den Willen des britischen Volkes nicht umkehren. „Das britische Volk hat dafür gestimmt, die Europäische Union zu verlassen und als Premierministerin bin ich bestimmt, das zu liefern.“

Seit der Schlappe der Konservativen bei der vorgezogenen Wahl 2017 mit dem Ergebnis einer hauchdünnen Regierungsmehrheit muss May das Kunststück gelingen, ihr Land aus der EU zu führen und sich zugleich den Rückhalt des europafreundlichen Flügels und des Brexit-Lagers in ihrer Partei zu bewahren.

Rund zwei Jahre nach dem Referendum über den EU-Ausstieg und acht Monate vor dem offiziellen Scheidungsdatum am 29. März 2019 herrscht in der EU Frustration darüber, dass London aus Brüsseler Sicht noch keine konkreten Vorschläge über die künftigen Beziehungen vorgelegt hat.

(das/AP)
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