Afrika-Blog Teil 6: Geglücktes Affenexperiment

Freitag, 7. April 2006 Die Farbe am Krokodil-Gehege ist noch frisch, das Wasser im Tümpel neu aufgefüllt, und die Wege sind gefegt: Der Zoo in Antananarivo hat sich gut vorbereitet auf den Besuch des Bundespräsidenten – und darauf, was er im Gepäck hatte: einen Roten Vari. Diese Lemurenart, so genannte Halbaffen, ist vom Aussterben bedroht. Und damit sich der einzige weibliche Rote Vari im Zoo von Antananarivo (kurz: Tana) fortpflanzt, brachte der Bundespräsident ein geeignetes Männchen aus dem Frankfurter Zoo mit. Ein bisschen hat man uns dabei allerdings übers Ohr gehauen.

Freitag, 7. April 2006 Die Farbe am Krokodil-Gehege ist noch frisch, das Wasser im Tümpel neu aufgefüllt, und die Wege sind gefegt: Der Zoo in Antananarivo hat sich gut vorbereitet auf den Besuch des Bundespräsidenten — und darauf, was er im Gepäck hatte: einen Roten Vari. Diese Lemurenart, so genannte Halbaffen, ist vom Aussterben bedroht. Und damit sich der einzige weibliche Rote Vari im Zoo von Antananarivo (kurz: Tana) fortpflanzt, brachte der Bundespräsident ein geeignetes Männchen aus dem Frankfurter Zoo mit. Ein bisschen hat man uns dabei allerdings übers Ohr gehauen.

Als der Bundespräsident nämlich vor dem Lemuren-Käfig seine kurze Rede gehalten hatte, wurde die Transportkiste des deutschen Roten Varis geöffnet. Vorsichtig, ganz so, als sei es das erste Mal, lugte das Vari-Männchen aus dem Käfig. Dann, mit einem Satz, hüpfte es aus dem Käfig und unter dem Applaus der Zoobesucher auf einen der Äste im Gehege. Ziemlich schnell näherte es sich dem Weibchen. Ungewöhnlich schnell eigentlich, denn bei den Lemuren sind die Weibchen dominant — und es hätte durchaus sein können, dass die zwei erst mal kleine Kämpfe ausfechten. Keine fünf Minuten später aber waren die beiden schon so intensiv miteinander beschäftigt, dass selbst der Bundespräsident schmunzeln musste: "Ich bin glücklich, dass unser Experiment zu klappen scheint."

Des Rätsels Lösung

Erstaunlich, aber nicht weiter rätselhaft, wenn man weiß, was ich am Abend erfuhr: Der Zoologe, der das Tier aus Deutschland bis auf die Große Insel, wie die Madegassen ihr Land auch nennen, begleitet hatte, erzählte mir jedoch beim Empfang des Bundespräsidenten, dass die beiden Varis sich schon seit zwei Tagen kannten. "Wir mussten sie aneinander gewöhnen, das hätte sonst ganz schön schief gehen können." Tja, und deswegen sage ich: Ein bisschen sind wir eben doch übers Ohr gehauen worden.

So wie sich abends auf dem Empfang das Geheimnis lüftete, wieso sich die beiden Roten Varis so schnell so gut verstanden, hatte sich zuvor im Zoo schon ein ganz anderes Rätsel gelöst: Auf dem Weg durch die Stadt zum Zoo war uns nämlich aufgefallen, dass alle Taxis in der deutschen Taxi-Farbe gespritzt sind — beige. Schuld daran ist der Oberbürgermeister von Antananarivo, Patrick Ramiaramanana, mit seinem Faible für die deutsche Taxi-Ordnung: Der promovierte Chemiker hatte in Darmstadt und Düsseldorf studiert und dort eben auch die deutschen Taxen kennen gelernt.

"Da fand ich die deutsche Idee gut"

"Vorher hatten unsere Taxis hier alle unterschiedliche Farben, man wusste nicht, wer offiziell angemeldet war", erzählt der OB. "Da fand ich die deutsche Idee gut, die Wagen einheitlich zu gestalten." Und um den Gedanken perfekt zu machen, verpasste er den Taxis kurzerhand auch noch das entsprechende Schild auf dem Dach. Mehr Charme als die deutschen Taxis haben die madagassischen jedoch allemal: Sie variieren von der Ente (2CV) über den Renault R4 bis zu für mich als absolute Auto-Ignorantin leider völlig undefinierbaren französischen Oldies.

Die französische Kolonialzeit ist im Stadtbild noch recht präsent: prachtvolle ebenso wie leicht heruntergekommene Kolonialbauten, französische Straßenschilder und -namen. Insgesamt aber ist Madagaskar afrikanischer, als ich vermutet hatte. Wie auf dem afrikanischen Festland spielt sich viel vom Leben draußen ab, kleine Stände und Geschäfte säumen die Straßen, die Menschen sind offen und freundlich. Viele Madegassen hören den Vergleich mit Afrika und Afrikanern allerdings nicht so gern. Denn zwar liegt die 17-Millionen-Einwohner-Insel, die etwa anderthalb mal so groß ist wie Deutschland, nur 400 Kilometer vor der Küste des afrikanischen Kontinents. Die Vorfahren der heutigen Madegassen aber kamen aus dem indonesisch-malaiischen Raum. Und so fühlen sich viele Madegassen eher Asien als Afrika zugehörig — und sehen auch oft sehr indonesisch aus.

Verspätete Gastgeber

Zurück zum Bundespräsidenten: Morgens hatte er sich expressionistische Gedichte angehört, vorgelesen von madegassischen Deutschlehrern. Nachmittags zeichnete er die besten elf Auszubildenden eines Projekts der Handelskammern Hamburgs und Madagaskars aus. Dieser Besuch war nur konsequent, weil Herr Köhler immer wieder betont, wie wichtig Bildung und Ausbildung sind und für das deutsche duale System der Kombination von praktischer und theoretischer Ausbildung wirbt. In Madagaskar wurden nun eben mit Hilfe deutscher Experten und madegassischer Ausbilder 392 Lehrlinge im Tourismus, in Elektromechanik, Tischlerei etc. nach deutschem System mit madegassischer Prägung geschult.

Nach einem weiteren Termin hieß es dann ab 20 Uhr: Empfang des Bundespräsidenten in der Residenz des Botschafters. Für uns bedeutet das allerdings vor allem, dass wir mindestens eine halbe Stunde vorher losfahren müssen — denn wenn die Präsidenten einmal auf dem Gelände sind, werden die Schotten erst mal dicht gemacht. Wer zu spät kommt, bleibt draußen! — Zum Glück waren wir alle pünktlich — bis auf die Gastgeber. Aber gut, bei dem Hammer-Programm, das sie hier täglich absolvieren, sind sie entschuldigt!

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