Iran und Russland verstärken Zusammenarbeit Gemeinsam gegen die Sanktionen

Analyse | Teheran/Moskau · Teheran und Moskau haben den Bau einer Bahnstrecke beschlossen, die russische Exporte über den Iran nach Indien erleichtern soll. Die Islamische Rebublik feiert das Projekt als wichtigen Schritt zu neuen Handelswegen.

 Mehrdad Bazrpash (r),Minister für Straßenbau und urbane Entwicklung, und Vitaly Savelyev, russischer Transportminister, unterzeichnen die Vereinbarung.

Mehrdad Bazrpash (r),Minister für Straßenbau und urbane Entwicklung, und Vitaly Savelyev, russischer Transportminister, unterzeichnen die Vereinbarung.

Foto: AFP/-

Wegen westlicher Sanktionen kämpfen der Iran und Russland mit wirtschaftlichen Problemen und verstärken deshalb ihre Zusammenarbeit. Die Regierungen in Teheran und Moskau beschlossen jetzt den Bau einer Bahnstrecke, die russische Exporte über den Iran nach Indien erleichtern soll. Iranische Staatsmedien feiern das als wichtigen Schritt zu einem neuen Handelsweg „vom Persischen Golf bis Helsinki“ an der Ostsee. Auch die Rüstungszusammenarbeit floriert. Niemand in Moskau und Teheran habe Angst, dass die neue Zusammenarbeit durch neue westliche Sanktionen gestört werden könnte, sagte der iranische Regierungsberater Seyed Mohammad Marandi dem russischen Fernsehsender RT: Schließlich würden beide Staaten schon jetzt vom Westen bestraft.

Die EU beschloss Anfang dieser Woche als Reaktion auf die Unterdrückung der iranischen Protestbewegung durch das Teheraner Regime ihr inzwischen achtes Sanktionspaket seit dem vergangenen Oktober. Insgesamt sind jetzt 216 Personen und 37 iranische Einrichtungen von Reiseverboten oder der Sperrung ihrer Konten betroffen. Für den Iran gilt auch ein EU-weites Exportverbot für Güter, die für die Repression oder Überwachung von Demonstranten benutzt werden können.

Schon seit Jahren unterliegt der Iran wegen des Streits um das Teheraner Atomprogramm westlichen Sanktionen gegen die Ölindustrie, den wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes. Rüstungslieferungen und Technologie-Exporte aus dem Westen in den Iran sind ebenfalls tabu. Russland wird mit einem Ölembargo und einem Handelsboykott für seinen Überfall auf die Ukraine bestraft. Die Wirtschaftskraft beider Länder sinkt.

Nun deutet sich eine mögliche Wende an. Vorige Woche beschlossen der Iran und Russland den Bau einer Bahnverbindung zwischen den iranischen Städten Astara und Rascht am Kaspischen Meer. Die 162 Kilometer lange und 1,5 Milliarden Euro teure Trasse wird gebraucht, um russische Güter über das Kaspische Meer und iranisches Gebiet zum Persischen Golf zu bringen.

Beide Seiten setzen große Hoffnungen in den „Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor“, wie das Projekt offiziell heißt. Russland vergleicht die potenzielle Bedeutung der Handelsverbindung mit der Position des Suez-Kanals im Welthandel. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna rechnete vor, der Transport von Gütern von Mumbai in Indien nach Moskau durch den neuen Korridor werde 19 Tage dauern, wesentlich weniger als die 45 Tage, die der Weg über den Suez-Kanal benötige.

Moskau hat vor allem Exporte nach Indien im Blick, einen wichtigen Abnehmer von russischem Öl. Umgekehrt liefert Indien wachsende Mengen von Aluminiumoxid an Russland, nachdem frühere Lieferanten wie Australien ihre Exporte des Stoffes für die Herstellung von Aluminium eingestellt hatten. Der Iran erwartet vom Transportkorridor jährliche Transitgebühren in Höhe von 19 Milliarden Euro.

Russland ist inzwischen der größte ausländische Investor im Iran. Die iranisch-russische Zusammenarbeit könne auf andere Länder ausgeweitet werden, die ebenfalls unter westlichen Sanktionen stünden oder vom US-Dollar als internationalem Zahlungsmittel wegkommen wollten, sagt Regierungsberater Marandi.

Weil der Iran und Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen sind, kamen sie im Januar überein, die Bankensysteme beider Länder miteinander zu verbinden. Nach Teheraner Angaben haben iranische Banken nun Zugang zu russischen Banken und zu Dutzenden weiteren Finanzhäusern in anderen Ländern, die über das russische System erreichbar sind. Zudem will der Iran künftig die russischen Mir-Karten akzeptieren, die Moskauer Alternative zu Mastercard und Visa. VTB, die zweitgrößte Bank Russlands, eröffnete vorige Woche eine Filiale in Teheran. Die russische Zentralbankchefin Elvira Nabiullina plant nach russischen Medienberichten einen Besuch im Iran.

Zu den iranischen Exportschlagern für den russischen Markt gehören Kampfdrohnen. Die unbemannten Flugzeuge, die sich mit einer Sprengstoffladung ins Ziel stürzen, helfen der russischen Armee im Krieg gegen die Ukraine. Offiziell behauptet Teheran, seit Kriegsausbruch im Februar 2022 würden keine Drohnen mehr geliefert, doch Funde von Trümmerresten in der Ukraine und Beobachtungen westlicher Geheimdienste widerlegen dies. Der US-Sicherheitsberater John Kirby sagte vor wenigen Tagen, seit August habe der Iran mehr als 400 Drohnen an Moskau exportiert. Kirby sagte, der Boom in der Rüstungszusammenarbeit zwischen Teheran und Moskau gebe dem Iran die Möglichkeit, die eigenen Arsenale aufzufüllen. Die Islamische Republik werde damit zu „einer noch größeren Bedrohung für die Nachbarstaaten“.

Dazu gehört aus westlicher Sicht die geplante Lieferung von 24 modernen russischen Kampfflugzeugen an den Iran. Bisher benutzt die iranische Luftwaffe vorwiegend alte amerikanische Maschinen, die aus der Zeit vor der islamischen Revolution von 1979 stammen. Die russischen Flugzeuge vom Typ SU-35 würden die Schlagkraft der iranischen Streitkräfte erheblich erhöhen. Die ersten russischen Jets könnten nach Medienberichten noch im Mai im Iran landen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort