Technologische Innovation Der Krieger der Zukunft ist eine Maschine

Genf · Selbsttätig handelnde Killerroboter sind auf dem Vormarsch. Doch sie kennen weder Gut noch Böse. Und Gnade schon gar nicht.

„Talon Sword“ lautet die Bezeichnung dieses Killerroboters der US-Armee.

„Talon Sword“ lautet die Bezeichnung dieses Killerroboters der US-Armee.

Foto: picture-alliance/ dpa/Keystone Herrick

Schon bald könnten Tötungsroboter die gesamte Kriegsführung in unheimlicher Weise revolutionieren. Experten wie die Abrüstungschefin der Vereinten Nationen, Izumi Nakamitsu, warnen: „Es besteht die Gefahr, dass die technologische Innovation der zivilen Kontrolle entgleitet.“ Der Missbrauch der künstlichen Intelligenz habe “potenziell katastrophale Konsequenzen”. Mit diesen Gefahren beschäftigt sich eine UN-Konferenz in Genf bis Freitag.

Was genau sind Killerroboter?

Die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz umschreiben die neue Generation der Kriegsgeräte so: „Tödliche autonome Waffensysteme“ oder im englischen „lethal autonomous weapon systems“ können Ziele ohne menschliches Zutun identifizieren, angreifen und eliminieren. Die immensen Fortschritte auf dem Feld der künstlichen Intelligenz und der Algorithmen bilden die Basis für die Killerroboter. Die Tötungsapparate sind an bestimmten Stellen fest verankert, zum Beispiel auf Kriegsschiffen, entlang von Grenzen, zum Schutz militärischer oder ziviler Einrichtungen wie Atomanlagen oder Staudämme.

Was können Killerroboter?

Die Maschinen können auch mobil sein. Nach den Konzepten der Militärs bewegen sie sich auf Rädern, Panzerketten, auf künstlichen Beinen. Mobile Systeme setzen sich selbst in Marsch oder sie werden in Marsch gesetzt. Dieser Marsch-Befehl stammt im Extremfall von anderen Robotern. Einen Grenzfall stellen Drohnen dar, jene unbemannten Fluggeräte, die zunehmend auf Schlachtfeldern und bei der Bekämpfung von Terroristen zum Einsatz kommen. Solange Angehörige der Streitkräfte die Drohnen steuern und einen Beschuss der Ziele auslösen, handelt es sich nicht um Killerroboter. Sobald Drohnen autonom agieren, sind sie Killerroboter – und zwar brandgefährliche.

Wer ist wie weit?

Rüstungsexperten der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch gehen davon aus, dass die Vereinigten Staaten, Großbritannien, China, Israel, Russland und Südkorea Waffensysteme entwickeln, die in zunehmenden Maße autonom sind. Südkorea lässt schon seit Jahren die Grenze zum verfeindeten Nordkorea von autonomen Waffensystemen bewachen. Der Elektrokonzern Samsung ist bei der Entwicklung der Apparate federführend. Ein primitiver Vorläufer der südkoreanischen Hightech-Produkte sind die Selbstschussanlagen, die an der innerdeutschen Grenze Fluchtversuche aus der DDR in den Westen unterbinden sollten. Fachleute bescheinigen deutschen Firmen das Können und das Knowhow, um in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr Killerroboter zu entwickeln und zu produzieren.

Welche Staaten wollen ein Verbot?

Die „Campaign to Stop Killer Robots“ zählt 26 Staaten, die sich innerhalb der UN für ein Verbot der Killerroboter einsetzen. Darunter Österreich und Belgien. Die Aktivisten bezichtigen Deutschland, zu den Bremsern zu gehören. „Deutschland will zusammen mit Frankreich durch unverbindliche, politische Erklärungen autonome Waffen regulieren. Sie haben gleichzeitig ein hohes Interesse an künstlicher Intelligenz und an Waffen mit autonomen Fähigkeiten, dafür setzen sie umfassende finanzielle Ressourcen ein“, kritisiert Thomas Küchenmeister von der „Campaign to Stop Killer Robots“. Die Bundesregierung in Berlin widerspricht. „Ziel der Bundesregierung ist die weltweite Ächtung vollautonomer Waffensysteme“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Eine stufenweise Initiative solle letztlich zu einem Verbot der Apparate führen. Ganz klar gegen eine Ächtung der Killerroboter positionieren sich die Militärmächte USA, Großbritannien, Russland und Israel.

Welche politischen Probleme gibt es?

Ein Bericht des UN-Menschenrechtsrates warnte schon im Jahr 2013: Killerroboter, diese „nimmermüden Kriegsmaschinen“, könnten bewaffnete Konflikte zu Endloskriegen ausarten lassen. Im Extremfall könnten die Militärs die Kontrolle über die Waffensysteme verlieren und eine politisch-diplomatische Lösung von bewaffneten Auseinandersetzungen rücke dann immer weiter in die Ferne. Anders ausgedrückt: Die Politik verliert ihr Primat.

Welche juristischen Fragen sind offen?

Roboter scheren sich nicht um das Völkerrecht und die Menschenrechte. So dürfte ein Roboter kaum unterscheiden können, ob eine Person verletzt und kampfunfähig ist. Verwundete Soldaten und auch Zivilisten müssen aber laut Völkerrecht geschützt werden. Ebenso verschließt sich den Maschinen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Konfliktparteien müssen unnötiges Leid vermeiden. Als besonders brisant dürfte sich eine strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen erweisen, die autonom von Waffensystemen verübt werden. Wer soll zur Rechenschaft gezogen werden?

Welche ethischen Probleme gibt es?

Da Killerroboter per Definition keine Menschen sind, stoßen sie die Tür zu einer Kriegsführung auf, die immer inhumaner wird. Ethische Grundsätze, sittliches und moralisches Handeln, die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, die Abschätzung der Folgen bestimmter Aktionen, die Übernahme von Verantwortung für das eigene Tun, das alles verschwindet bei den Kriegen der Zukunft. Aktivist Thomas Küchenmeister von der Internationalen Kampagne zum Verbot der Killerroboter betont: „Maschinen dürfen nicht entscheiden, ob sie Menschen töten.“ Und was passiert, so fragt Küchenmeister, wenn autonome Waffen in die Hände von Terroristen und Diktatoren fallen?

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