Nato-Schutzzone Verhaltene Reaktionen auf Kramp-Karrenbauers Syrien-Plan

Brüssel/Berlin · In Deutschland musste Kramp-Karrenbauer für ihren Syrien-Plan viel Kritik einstecken. Auch auf dem internationalen Parkett löst sie keine Begeisterung aus. Wie es in der Region weitergeht, ist nach neuen Äußerungen des türkischen Präsidenten Erdogan völlig unklar.

Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Verteidigungsministerin, spricht in Bnaslawa mit einem Soldaten der Bundeswehr, der die Ausbildung kurdischer Peschmerga im nordirakischen Kurdengebiet unterstüzte.

Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Verteidigungsministerin, spricht in Bnaslawa mit einem Soldaten der Bundeswehr, der die Ausbildung kurdischer Peschmerga im nordirakischen Kurdengebiet unterstüzte.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer stößt bei den Nato-Partnern mit ihrem Plan für eine Syrien-Schutztruppe auf verhaltene Reaktionen. Ihr US-Kollege Mark Esper begrüßte am Donnerstag zwar die Initiative, will aber keine Truppen beisteuern. Von den europäischen Verbündeten kam bei einem Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel zwar Anerkennung dafür, dass es überhaupt eine Initiative gibt. Öffentlich stellte sich aber noch kein Land klar hinter den Vorschlag Kramp-Karrenbauers.

Allerdings verabschiedete das Europäische Parlament mit großer Mehrheit eine Resolution, die ihre Idee einer international kontrollierten Schutzzone unterstützt. Kramp-Karrenbauer selbst sprach von „sehr ermutigenden“ ersten Gesprächen. Sie sagte aber auch: „Das wird noch ein langer Prozess, ein schwieriger Weg.“

Der Verteidigungsministerin fehlt weiter die Unterstützung des Koalitionspartners SPD. In Brüssel konnte sie deswegen nicht im Namen der Bundesregierung sprechen. Außenminister Heiko Maas zeigte sich am Donnerstag im Bundestag erneut zurückhaltend. „Entscheidend ist im Ergebnis, worauf wir uns mit unseren internationalen Partnern in dieser Situation verständigen können“, sagte er. „Davon wird abhängig sein, welche Pläne wir weiter verfolgen und welche nicht.“

Maas kündigte überraschend an, am Samstag in die Türkei zu fliegen, um auf eine dauerhafte Waffenruhe zu dringen. Außerdem will er in Ankara die Einhaltung internationalen Rechts beim Umgang mit Flüchtlingen und eine Unterstützung der politischen Friedensbemühungen für Syrien einfordern.

Erdogan widerspricht Trump

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hält Kampfhandlungen aber weiterhin für möglich. „Wenn die Terrororganisation unser Land von diesen Regionen aus weiterhin belästigt, dann werden wir unseren Plan der Offensive auch hier weiterhin durchführen“, sagte Erdogan. Damit widersprach er US-Präsident Donald Trump, der zuvor eine dauerhafte Feuerpause seitens der Türkei in Aussicht gestellt hatte.

Erdogan hatte auch Maas als „politischen Dilettanten“ bezeichnet, nachdem dieser Einschränkungen der deutschen Rüstungsexporte als Reaktion auf die türkische Syrien-Offensive angekündigt hatte. Ob es ein Treffen der beiden in Ankara geben wird, war zunächst unklar.

Die Türkei war vor zwei Wochen in Syrien einmarschiert, um die von ihr als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu verdrängen. Parallel zogen die bislang mit den Kurden verbündeten US-Truppen aus dem Gebiet ab. Am Dienstagabend hatten sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Kremlchef Wladimir Putin in Sotschi über einen weiteren Abzug der YPG aus den Grenzgebieten und eine gemeinsame Kontrolle der Region geeinigt. Daraufhin waren Zweifel daran laut geworden, ob Kramp-Karrenbauers Plan nun überhaupt noch Sinn macht.

Die CDU-Vorsitzende will das syrische Grenzgebiet zur Türkei von einer UN-Truppe schützen lassen. Wie diese Truppe zusammengesetzt werden soll und ob sich auch die Bundeswehr beteiligen würde, hatte sie aber nicht gesagt. Einem UN-Einsatz müsste der Weltsicherheitsrat zustimmen und damit auch Russland, das in dem wichtigsten UN-Gremium ein Vetorecht hat. Russland gilt aber als Schutzmacht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, weshalb es im Sicherheitsrat bisher keine Einigungschancen in Sachen Syrien gab.

Zustimmung aus den USA - aber keine Truppe

US-Verteidigungsminister Esper sagte „politische“ Unterstützung für den Vorstoß Kramp-Karrenbauers zu. Er räumte aber auch ein, dass er ihren Plan noch nicht genau kenne. „Ich habe den deutschen Vorschlag nicht gelesen oder ihn im Detail studiert“, sagte er. „So weit ich weiß, geht es in dem Vorschlag darum, dass europäische Partner gemeinsame Patrouillen in diesem neuen Korridor durchführen wollen. Ich denke, das ist gut.“ Die USA würden von den europäischen Partnern schon seit einiger Zeit fordern, mehr für die Sicherheit in dieser Weltregion zu tun.

US-Präsident Donald Trump hatte bereits im Juli seinen Beauftragten für die Anti-IS-Koalition nach Berlin geschickt, um deutsche Bodentruppen für Syrien als Ersatz für die eigenen Soldaten zu fordern. Damals gab es noch eine klare Absage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte den Vorstoß Kramp-Karrenbauers zwar grundsätzlich, sagte aber auch, dass es noch viele offene Fragen gebe. Auch für Staaten wie Frankreich sei es noch zu früh für eine Bewertung der Vorschläge, wie es aus Nato-Kreisen hieß. Allerdings hätten auch die Franzosen begrüßt, dass es innerhalb der Nato überhaupt mal einen Vorschlag für das Vorgehen in Nordsyrien gebe. Der belgische Außenminister Didier Reynders zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen. Allerdings betonte er, dass sich die Situation seit der Einigung zwischen Russland und der Türkei völlig geändert habe.

Ihre eigene Partei hat die CDU-Chefin jedenfalls hinter sich. Dort wird bereits über eine mögliche Bundeswehr-Beteiligung an einer internationalen Schutztruppe diskutiert. „Ich glaube schon, dass sich Deutschland als Mitglied des UN-Sicherheitsrates und Initiator eines solchen Vorschlages dran beteiligen muss“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, im ZDF-Morgenmagazin. Aus der SPD kommen dagegen Warnungen vor einem Bundeswehr-Einsatz. „Das darf es nicht geben. Das bedeutet eine Militarisierung der deutschen Außenpolitik, und die SPD kann und wird so etwas nicht mitmachen“, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner.

(cbo/dpa)
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