Syriens Präsident Kommission will genügend Beweise für Anklage gegen Assad haben

Damaskus · Ein Ermittler wurde getötet, mehrere festgenommen und gefoltert: Unter gefährlichen Bedingungen hat ein internationales Team drei Jahre lang belastendes Material gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und sein Regime gesammelt. Nun sollen laut einem Medienbericht genügend Beweise zusammengekommen sein, um Assad wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen.

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Auf eine halbe Million Seiten sollen sich die Dokumente addieren, heißt es in einem Bericht des britischen "Guardian". Außerdem habe die internationale Kommission "Commission for International Justice and Accountability (CIJA)" über 400 Interviews mit Überläufern und Regime-Gegnern geführt. Auf Basis dieser Beweise seien nun drei Anklagen gegen Assad und 24 Mitglieder seines Regimes vorbereitet worden. Der Vorwurf: Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen.

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Foto: dpa, sdt moa

Gefährliche Recherchen: Ein Ermittler getötet

Die CIJA besteht aus Ermittlern und Rechtsexperten, die schon bei den Kriegsverbrechertribunalen im Falle Jugoslawiens und Ruandas mitgearbeitet und auch für den Internationalen Strafgerichtshof gearbeitet haben. Die Kommission wird laut "Guardian" finanziert von westlichen Staaten, darunter auch Deutschland, die EU und weitere wie Großbritannien, die USA, die Schweiz und Kanada.

Um an die Informationen gegen das Assad-Regime zu gelangen, arbeitete die Kommission mit rund 50 syrischen Ermittlern zusammen. Diese Helfer der CIJA brachten sich nicht selten in Gefahr — zum Beispiel, wenn sie offizielle Dokumente über die Grenzen Syriens schmuggelten. Oft mussten sie dabei an Checkpoints vorbei, deren Kontrolleure angewiesen seien, jeden zu töten, der in Verdacht steht, für eine westliche Organisation zu arbeiten, heißt es im Bericht des "Guardian".

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Foto: dapd, Mohammad Hannon

Einer der CIJA-Mitarbeiter sei während seiner Arbeit getötet worden, wobei der "Guardian" offen lässt, wie der Mann ums Leben kam und ob sein Tod mit seiner Arbeit gegen das Assad-Regime in Zusammenhang steht. Ein weiterer Ermittler sei verletzt worden, außerdem seien mehrere festgenommen und auch gefoltert worden, heißt es weiter.

Gegenüber dem "Guardian" sagte der Chef-Ermittler der CIJA, Adel (ein Pseudonym), er sei mehrmals fast getötet worden. Seine Arbeit habe seine Familie sehr belastet. "Aber ich glaube an Gerechtigkeit. Ich hoffe, dass eines Tages ein Gericht die (syrische, Anm. d. Red.) Regierung anklagt und für die Verbrechen, die sie verübt hat, zur Verantwortung zieht", sagte Adel laut "Guardian".

Drei Anklagen vorbereitet

Nicht vollständig klar ist laut "Guardian", welcher konkreten Verbrechen die CIJA das Assad-Regime anklagen will. Die drei vorbereiteten Anklagen sollen im Zusammenhang mit der "Unterdrückung der Proteste von 2011" stehen, heißt es. Diese waren der Auslöser für den noch immer andauernden Bürgerkrieg in Syrien. Assad und seine Unterstützer gingen damals hart gegen Aufständige vor. Tausende Menschen wurden festgenommen, viele von ihnen sollen in syrischen Gefängnissen gefoltert und getötet worden sein. So lautet der Vorwurf gegen das Assad-Regime. Die Beweise, die die internationale Kommission nun zusammengetragen hat, sollen laut "Guardian" unter anderem Anordnungen zu Massenverhaftungen dokumentieren. Auch würden in den Dokumenten seltsame Begründungen für Verhaftungen aufgeführt, wie zum Beispiel "Diskussion der Ereignisse in einer negativen Art".

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Foto: ap

Die drei vorbereiteten Anklagen gehen unter anderem gegen die "Central Crisis Management Cell (CCMC)", eine Institution an der Spitze der syrischen Regierung, das Nationale Sicherheitsbüro und Mitglieder der Ba'ath Partei, heißt es in dem Bericht weiter. Auch Assad selbst, Innenminister Mohammad al-Shaar und Mohammed Said Bekheitan, der Kopf des CCMC während der Proteste im Jahr 2011, sollen neben anderen als Beschuldigte genannt werden. In ihren Ermittlungen konzentriere sich die CIJA aber nicht nur auf das Verhalten des Assad-Regime während des Krieges, sondern auch auf das Verhalten der Opposition.

Doch auch wenn die CIJA alle Vorbereitungen für einen Prozess gegen Assad und seine Leute getroffen hat, wird es wohl zunächst nicht dazu kommen: Russland nutzt sein Veto-Recht im UN-Sicherheitsrat, um ein offizielles Vorgehen gegen das Assad-Regime zu unterbinden.

In der Vergangenheit hat es bereits Recherchen zu möglichen durch das Assad-Regime verübten Kriegsverbrechen gegeben. Unter anderem hat ein Bericht einer UN-Kommission, der im Dezember 2013 veröffentlicht wurde, auf Kriegsverbrechen hingewiesen, in die auch die Regierungsspitze verwickelt gewesen sein soll.

(lsa)
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