USA fürchten "Massaker" in Aleppo Syrien: Die Entscheidungsschlacht steht bevor

Washington/Damaskus · Nach tagelangen blutigen Kämpfen um Aleppo formieren sich Rebellen und Regimetruppen für die entscheidenden Gefechte. Die USA fürchten ein "Massaker" in der Millionenmetropole. Aus Sicherheitsgründen wurde die Hälfte der UN-Beobachter aus Syrien abgezogen.

Die wichtigsten Gruppierungen der syrischen Opposition
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Foto: dapd, Mohammad Hannon

Das syrische Militär bereitete am Donnerstag mit massiven Artillerieangriffen in den südlichen Bezirken Muhafasa, Maschaad, Scheich Badr und Salaheddin eine Bodenoffensive vor. Die Aufständische schlugen nach eigenen Angaben Vorstöße der Regimetruppen zurück. Syrische Regierungstruppen hätten Panzer vor der Stadt stationiert, auch Hubschrauber und Flugzeuge seien mobilisiert, sagte die Sprecherin des State Department, Victoria Nuland, am Donnerstag. Dies bedeute eine "ernste Eskalation des Konflikts".

"Wir sprechen hier von einem Angriff auf ... enge Straßen in der Stadt, die von Zivilisten bevölkert werden", fügte die Sprecherin vor Journalisten hinzu. Die Kämpfe in Aleppo dauern seit dem letzten Wochenende an. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad verlegt seit Mittwoch Tausende Soldaten für den Kampf um die zweitgrößte Stadt des Landes in den Norden.

"Wir tun, was wir können, um den Druck auf das Assad-Regime zu erhöhen", sagte die Sprecherin des State Department weiter. Sie bedauerte erneut den Widerstand Russlands und Chinas gegen schärfere Maßnahmen gegen Syrien im UN-Sicherheitsrat.

Rebellen: Kontrollieren 50 Prozent von Aleppo

"Wir kontrollieren jetzt 50 Prozent der Stadt", sagte der Kommandeur der Rebellen in Aleppo, Abu Omar al-Halebi, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa am Telefon. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben der Bürgerkriegsparteien nicht überprüfen, weil Medien in Syrien nur äußerst eingeschränkt arbeiten können.

Die Kämpfe in Aleppo dauern seit dem letzten Wochenende an. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad hatte am Mittwoch damit begonnen, Tausende Soldaten für den Kampf um die zweitgrößte Stadt des Landes in den Norden zu verlegen. Zugleich sollen Kampfjets die Nachschubwege der Aufständischen bombardiert haben, sagte Al-Halebi.

In der Hauptstadt Damaskus lieferten sich am Donnerstag Aufständische und Sicherheitskräfte im palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk Gefechte, wie Aktivisten berichteten. Auch im Stadtteil Al-Hadschar al-Aswad tobten Kämpfe. Aus allen anderen Teilen von Damaskus hatten die Regimetruppen in den letzten Tagen die Aufständischen weitgehend zurückgeschlagen.

Auch in anderen Landesteilen gingen die Kämpfe mit unverminderter Härte weiter. Gefechte und Angriffe der Regimetruppen wurden unter anderen aus Rastan bei Homs, Idlib, Deir as-Saur und Daraa gemeldet.

Hälfte der UN-Beobachter geht

Wegen der andauernden Kämpfe schickten die Vereinten Nationen 150 unbewaffneten Beobachter nach Hause, die in Syrien eigentlich eine Waffenruhe überwachen sollten. Damit wurde die UN-Beobachtermission für Syrien (Unsmis) auf die Hälfte ihres Bestands reduziert, wie UN-Untergeneralsekretär Hervé Ladsous vor Journalisten in Damaskus mitteilte.

Angesichts zunehmenden Gewalt befürchtet die EU-Kommission eine Ausweitung des Flüchtlingsdramas. "Aus einer humanitären Perspektive hat sich die Situation im Laufe der vergangenen vier bis fünf Wochen erheblich verändert", sagte ein Mitarbeiter der Kommissionsabteilung für humanitäre Hilfe (Echo). "Wir rennen einem Zug hinterher, der ständig beschleunigt."

Zugleich drohe den internationalen Helfern das Geld auszugehen, erklärte die Brüsseler Behörde. So sei ein 180 Millionen US-Dollar (146 Millionen Euro) schwerer Hilfsplan der Vereinten Nationen Anfang Juli erst zu 21 Prozent finanziert gewesen. Auch 193 Millionen Dollar (157 Millionen Euro) für die Aufnahme und Versorgung von Bürgerkriegsflüchtlingen in den Nachbarländern Syriens seien erst zu 26 Prozent geflossen.

Flüchtlingsströme in die Nachbarländer

Einen Tag nach Schließung der syrisch-türkischen Grenze kamen nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolou bis Donnerstagnachmittag 145 syrische Flüchtlinge im Nachbarland an. Sie seien über Schmugglerpfade vor den Kämpfen in Idlib geflohen, hieß es. Ankara hatte die Grenze am Mittwoch geschlossen. Syrische Flüchtling sollen aber weiter ins Land gelassen werden. In der Türkei halten sich bereits kanpp 45.000 geflohene Syrer auf.

General Manaf Tlass, der bisher höchste Offizielle, der sich vom Assad-Regime abgewandt hat, erklärte in einem Zeitungsinterview, dass er an der Einigung der bislang zerstrittenen syrischen Opposition arbeite. "Ich werde jeden ansprechen, der Syrien wiederaufbauen möchte, sowohl im Inland wie auch im Ausland", sagte er der saudischen Tageszeitung "Al-Sharq Al-Awsat".

Tlass, ein Sohn des früheren Verteidigungsministers Mustafa Tlass, hatte sich Anfang Juli aus Syrien abgesetzt. Er war Kommandeur einer Brigade der Republikanischen Garde und mit Assad persönlich befreundet. Zugleich gehört er der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit an. Der Assad-Clan und die meisten Mitglieder des Regimes stammen aus der alewitischen Minderheit.

(dpa)
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