Syrien versinkt in Gewalt Streitkräfte setzen Offensive auf Homs fort

Beirut · Syrische Regierungstruppen haben ihre Offensive gegen die Protesthochburg Homs fortgesetzt. Wie aus Militärkreisen verlautete, rückten die Soldaten am Mittwoch auf den umkämpften Stadtteil Baba Amr vor. Das Viertel werde binnen Stunden "gesäubert", sagte eine Gewährsperson.

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Foto: dapd, Bilal Hussein

Homs und insbesondere Baba Amr stehen seit Wochen unter heftigem Artillerie- und Raketenbeschuss. Die Erklärung der Gewährsperson am Mittwoch deutete darauf hin, dass eine Bodenoffensive im Gange ist.

Menschenrechtsaktivisten zufolge wurden seit Beginn des Angriffs auf Homs am 4. Februar hunderte Menschen getötet. Am Mittwochmorgen konnte kein Kontakt mit Aktivisten und Bewohnern von Baba Amr aufgenommen werden. Nach Angaben von syrischen Aktivisten sind Regierungstruppen nach einem fünftägigen Bombardement auch in die Stadt Halfaja in der Provinz Hama einmarschiert. Die von Rebellen beherrschte Stadt Rastan, nördlich von Homs, werde weiter beschossen und es gebe weitere Opfer, berichteten Aktivisten.

Westliche Journalisten sitzen fest

In Baba Amr sitzen offenbar weiterhin drei westliche Journalisten fest. Die Französin Edith Bouvier wurde in der vergangenen Woche bei einem Raketenangriff verletzt. Bei demselben Angriff kamen die US-Journalistin Marie Colvin und der französische Fotograf Remi Ochlik ums Leben.

Der bei dem Angriff ebenfalls verletzte britische Fotograf Paul Conroy wurde von syrischen Rebellen am Dienstag aus der Stadt ins Nachbarland Libanon geschmuggelt. Dabei kamen den Aktivisten zufolge 13 an der Rettungsaktion beteiligte Syrer ums Leben. Gemeinsam mit Bouvier sitzen in Homs noch ihr französischer Kollege William Daniels sowie der spanische Reporter Javier Espinosa fest.

Das französische Außenministerium forderte das syrische Regime auf, dafür zu sorgen, dass die beiden Franzosen "sicher und zügig" herausgebracht werden können - am besten durch eine Waffenruhe.
Frankreich arbeite aktiv daran, die beiden in Homs festsitzenden französischen Bürger in Zusammenarbeit mit den syrischen Behörden sowie dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond aus der Stadt heraus zu holen, sagte der französische Ministeriumssprecher Bernard Valero.

UN erhöht ihre Opferschätzung nach zwei Monaten um 2000 Tote

Die Vereinten Nationen veröffentlichten am Dienstag eine Schätzung, wonach seit Beginn der Unruhen vor einem Jahr mindestens 7500 Menschen in Syrien ums Leben gekommen sind - 2000 mehr als in der Schätzung im Dezember. Syrische Menschenrechtsaktivisten setzen die Opferzahlen sogar noch höher an, bei über 8000. Fast 6.000 der Toten seien Zivilpersonen gewesen, die übrigen Militärangehörige oder desertierte Soldaten.

Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay zitierte am Dienstag einen Bericht, in dem UN-Experten zu dem Schluss kommen, dass Mitglieder der syrischen Regierung für "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verantwortlich sind. Aber auch Oppositionsgruppen werden in dem Bericht für Verbrechen verantwortlich gemacht.

Clinton sieht Merkmale eines Kriegsverbrechers

Nach Einschätzung von US-Außenministerin Hillary Clinton weist der syrische Präsident Baschar Assad Merkmale eines Kriegsverbrechers auf. In einer Anhörung vor dem US-Senat zur Lage in Syrien erklärte Clinton am Dienstag, angesichts der Definitionen von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit könne man durchaus darauf plädieren, dass Assad in diese Kategorie passe.
Allerdings forderte sie keine internationale Strafverfolgung, da dies Assad den Rückzug von der Macht erschweren könnte.

China, das gemeinsam mit Russland im UN-Sicherheitsrat aus Angst vor einer Militärintervention eine Syrien-Resolution per Veto verhinderte, fordert die internationale Gemeinschaft zu umfassenden Hilfsleistungen an die syrische Bevölkerung auf. Außenminister Yang Jiechi habe den Generalsekretär der Arabischen Liga und die Außenminister Saudi-Arabiens und Algeriens in Telefongesprächen auf die Notwendigkeit humanitärer Hilfe angesprochen, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Mittwoch.

(APD)
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