Streit um NS-Vergangenheit Polen sagt Visegrad-Treffen in Israel ab

Warschau · Die israelische Regierung wirft Polen vor, in der NS-Zeit mit Nazis zusammengearbeitet zu haben. Die polnische Regierung sagte daraufhin empört ihre Teilnahme am Treffen der Visegrad-Staaten in Israel ab.

 Hier war noch alles gut: Mateusz Morawiecki (l), Premierminister von Polen, begrüßt Benjamin Netanyahu, Premierminister von Israel, beim Nah-Ost-Gipfel in Warschau.

Hier war noch alles gut: Mateusz Morawiecki (l), Premierminister von Polen, begrüßt Benjamin Netanyahu, Premierminister von Israel, beim Nah-Ost-Gipfel in Warschau.

Foto: dpa/Pawel Supernak

Polen hat nach Äußerungen des neuernannten israelischen Außenministers Israel Katz seine Teilnahme am Gipfel der Visegrad-Staaten in Israel abgesagt. Dies teilte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki im polnischen Fernsehen mit. Hintergrund ist ein Streit zwischen beiden Ländern, ob Polen mit den NS-Besatzern während des Zweiten Weltkrieges kollaboriert haben. Morawiecki bezeichnete die Worte von Katz als „unzulässig und rassistisch“. Die israelische Botschafterin Anna Azari wurde ins Warschauer Außenministerium zitiert, wie die Behörde angab.

Katz hatte am Sonntagabend im israelischen Fernsehen gesagt: „Es gab viele Polen, die mit den Nazis kollaboriert haben.“ Katz - selbst Sohn von Holocaustüberlebenden - verwies auf eine Aussage von Ex-Ministerpräsident Izchak Schamir: „Die Polen haben Antisemitismus mit der Muttermilch aufgesogen.“ Katz war erst am Sonntag zum amtierenden Außenminister ernannt worden. Mit seinen Aussagen heizte er den eigentlich beigelegten Streit mit Polen wieder an.

Ein Sprecher von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte sich zunächst nicht zu der Absage Polens und den Aussagen von Katz.

Regierungschef Morawiecki hatte seinen Besuch für das Visegrad-Treffen am Montag und Dienstag in Jerusalem bereits zuvor kurzfristig abgesagt. Vorausgegangen war ein Streit über israelische Berichte zu Aussagen von Netanjahu zur Kollaboration von Polen mit Nationalsozialisten. Statt Morawiecki sollte Außenminister Jacek Czaputowicz nach Israel reisen. Netanjahu hatte 2017 an einem Treffen der Gruppe teilgenommen und die Länder dann nach Israel eingeladen. Zur Gruppe der Visegrad-Staaten gehören Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn.

Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 hatte der Zweite Weltkrieg begonnen. Seit knapp einem Jahr gilt in Polen ein neues Gesetz, das es unter Geldstrafe stellt, der polnischen Nation eine Verantwortung für die von Nazi-Deutschland begangenen Verbrechen zuzuschreiben. Morawiecki hob hervor, die historische Wahrheit sei für Polen fundamental.

(kron/dpa)
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