Nach Streit mit Twitter Trump unterzeichnet Verfügung gegen soziale Medien

Washington · Donald Trump ist sauer, dass Twitter zwei seiner Tweets mit einem Warnhinweis versehen hat. Nun will er den gesetzlichen Schutz sozialer Netzwerke aufweichen. Doch der Angriff könnte Trump selbst treffen.

 US-Präsident Donald Trump vor der Unterzeichnung eines Dekrets, das den Rechtsschutz sozialer Netzwerke betrifft. Im Hintergrund: US-Justizminister William Barr.

US-Präsident Donald Trump vor der Unterzeichnung eines Dekrets, das den Rechtsschutz sozialer Netzwerke betrifft. Im Hintergrund: US-Justizminister William Barr.

Foto: dpa/Evan Vucci

US-Präsident Donald Trump will die Haftungsregeln für soziale Medien verschärfen. Hintergrund ist sein Ärger darüber, dass einige Plattformen einen Faktencheck eingeführt haben und ihre Nutzer vor Falschaussagen warnen.

Die vom Kurznachrichtendienst Twitter an zwei seiner eigenen Botschaften angefügten Hinweise seien „redaktionelle Entscheidungen“, sagte Trump. Deshalb sollten Unternehmen wie Twitter seiner Ansicht nach nicht mehr vor Klagen gegen auf ihre Webseiten veröffentliche Botschaften geschützt werden. Bei der Unterzeichnung der Verfügung kritisierte er, der Faktencheck sei „unangemessen“ und „politischer Aktivismus“ von Twitter.

Der Präsident ist erbost, weil Twitter am Dienstag erstmals zwei seiner Kurznachrichten als irreführend gekennzeichnet und um zusätzlichen Kontext ergänzt worden waren. Trump lamentierte, Republikaner hätten das Gefühl, dass konservative Stimmen in sozialen Medien zum Schweigen gebracht würden. Er drohte sogar, Twitter zu schließen.

Der Präsident kann Social-Media-Unternehmen allerdings nicht einseitig regulieren oder dicht machen. In einen solchen Schritt müsste wohl auch der Kongress einbezogen werden.

Der demokratische Senator Ron Wyden sagte, Trumps Vorhaben sei schlicht illegal. Dem Präsidenten gehe es nur darum, ungefiltert Lügen herausposaunen zu können.

Rechtsprofessor Jack Balkin von der Yale-Universität sagte, rechtlich könne der Präsident nicht viel ausrichten, aber darum gehe es auch nicht. „Er droht und umschmeichelt mit dem Ziel, dass diese Leute in ihren Vorstandszimmern zweimal darüber nachdenken, was sie tun, so dass sie ihn nicht antasten werden.“

Bisher werden Twitter Facebook und andere soziale Medien als Plattformen behandelt und nicht als Verlage, die für ihre Inhalte verklagt werden können. Die bisherige Bewertung als Plattform gilt als Grundlage für freie Meinungsäußerungen in sozialen Medien.

Twitter nannte das Vorgehen von Trump reaktionär. Damit werde die Zukunft der Meinungsäußerungen im Internet bedroht. Eine Sprecherin von Google erklärte, mit der Verordnung werde die amerikanische Wirtschaft beschädigt. Ein Sprecher von Facebook warnte, die Verordnung werde dazu führen, dass die Netzwerke alles zensieren würden, was irgendjemanden beleidigen könnte.

Mit seinem Dekret könnte Trump Twitter jetzt veranlassen, auch seine eigenen Kurznachrichten künftig viel öfter mit kritischen Hinweisen zu versehen. Twitter-Chef Jack Dorsey kündigte an, der Kurznachrichtendienst werde auch weiter auf falsche oder umstrittene Informationen zu Wahlen hinweisen. „Das macht uns nicht zum ‚Wahrheitsschiedsrichter’. - Unsere Absicht ist es, die Punkte widerstreitender Aussagen zu verbinden und die umstrittenen Informationen zu zeigen, damit die Leute selbst urteilen können“, sagte er.

Die Demokraten warfen Twitter Inkonsequenz gegenüber Trump vor. Es sei empörend, dass der Kurznachrichtendienst zwar Trumps Äußerungen zu Briefwahlen gekennzeichnet habe, nicht aber dessen unbewiesene Vorwürfe gegen den Fernsehmoderator Joe Scarborough, sagte die Repräsentantenhausvorsitzende Nancy Pelosi.

Trump hatte längst widerlegte Gerüchte geschürt, Scarborough habe vor Jahren eine Helferin ermordet. Diesen Tweet hätte Twitter entfernen müssen, sagte Pelosi und fügte hinzu: „Ihr Geschäftsmodell beruht darauf, Geld zu verdienen auf Kosten der Wahrheit und der Fakten, die sie kennen.“

(peng/dpa/Reuters)
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