Wie die Sex-Affäre Sarkozy nützt Strauss-Kahn und der schweigsame Präsident

Paris (RPO). Er lag in den Umfragen ganz weit vorn. Doch als Kandidat für das französische Präsidentenamt dürfte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wegen der Vergewaltigungsvorwürfe aus dem Rennen sein. Und so müsste eigentlich der Mann jubeln, der seinen schärfsten Konkurrenten verloren hat: Amtsinhaber Nicolas Sarkozy. Bis zur Wiederwahl ist es aber auch für ihn noch ein langer Weg.

Strauss-Kahn residierte in Luxus-Suite 2806
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Ganz Frankreich diskutiert über die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Strauss-Kahn. Während die meisten zur Zurückhaltung drängen, schlachtet Marine Le Pen, Chefin der rechtsextremen Front National, die Ereignisse für sich aus. Er habe sich als Kandidat für das höchste Amt im Staat in Verruf gebracht, sagte sie. Sein ärgster Widersacher, Präsident Sarkozy, aber äußerte sich bislang mit keiner Silbe zu der Affäre.

Für den Amtsinhaber dürfte das allerdings der richtige Weg sein, denn Strauss-Kahn war bei den Franzosen äußerst beliebt und scheint es noch immer zu sein. Nach einer aktuellen Umfrage glaubt eine Mehrheit von 57 Prozent, dass der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) Opfer eines Komplotts geworden ist. Unter den Sozialisten, denen Strauss-Kahn angehört, sind es sogar 70 Prozent.

So unbeliebt wie keiner seit 1975

Jedes Wort, dass der amtierende Präsident zu der Affäre sagen würde, könnte ein Stolperstein für ihn sein. Zu sehr kursieren die Komplott-Theorien in den Köpfen der Franzosen, die auch auf die französische Rechte zielen. Und schließlich war es auch Sarkozy selbst, der Strauss-Kahn zum IWF weggelobt hatte. Ein Schachzug, der ihm seinen Konkurrenten für die Wahl eigentlich vom Hals schaffen sollte.

Andererseits sind sich aber auch die Experten uneins, ob die Affäre Sarkozy tatsächlich helfen könnte. Immerhin ergab eine Umfrage des Meinungsinstitut TNS Sofres, dass der Präsident so unbeliebt ist wie keiner seiner Amtsvorgänger seit 1975. Und seine Beliebtheit lässt sich durch die Affäre um seinen Konkurrenten nicht von heute auf morgen massiv steigern. Mehr nutzen könnte ihm da eher die Schwangerschaft seiner Gattin Carla Bruni.

Eine aktuelle Umfrage allerdings sieht Sarkozy in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem sozialistischen Ex-Parteichef Francois Hollande, der Strauss-Kahn als Kandidat beerben könnte - auch wenn der IWF-Chef bislang nie eine Kandidatur bekannt gegeben hatte. Demnach käme Sarkozy in der ersten Runde der Wahl auf 22 Prozent, Hollande auf 23 Prozent und Le Pen auf 20 Prozent.

Hollande ein stärkerer Konkurrent

Doch sollte Hollande tatsächlich gegen Sarkozy antreten, dürfte es Sakrozy nach Ansicht von Experten wesentlich schwerer haben. Denn Strauss-Kahns' Schwächen kannte man, hätte sie geschickt im Wahlkampf ausnutzen können. Hollande dagegen, der sich in den Umfragen kontinuierlich nach oben arbeitet, gilt als seriöser. "Er ist schwerer anzugreifen als DSK. Er hat eine verlässliche Seite, er tritt seriös auf, er behält seinen Kurs bei", sagte ein Sarkozy-Berater der Zeitung "Parisien".

Der ehemaliger Sprecher der Regierungspartei UMP, Dominique Paillé vermutet daher auch, dass die Affäre Sarkozys Popularität kurzfristig "etwas Stoff geben" könnte. Doch in einem halben Jahr dürfte der Effekt verpufft sein. Bis zu den Wahlen allerdings ist es noch etwa ein Jahr hin. Dann dürften wieder die inhaltlichen Aspekte zählen. Und da hatte sich Sarkozy bei seinem Volk nicht sonderlich beliebt gemacht.

Erinnert sei etwa an die höchst umstrittene Rentenreform, die zwar nötig war, gegen die aber Tausende Franzosen wochenlang auf die Straße gegangen waren. Auch seine verschärfte Immigrationspolitik brachte ihm nicht gerade Popularität ein. "Nicolas Sarkozy wurde auf der Basis starker Versprechen in Bezug auf Kaufkraft und Beschäftigung gewählt", zitiert die österreichische Zeitung "Der Standard" Gael Sliman vom Meinungsforschungsinstitut BVA. "Die Franzosen haben das erste Jahr der Krise abgewartet, aber nun ist die Zeit abgelaufen. Sie sind die Überzeugung, dass Sarkozy seine Wahlversprechen nicht gehalten hat."

(mit Agenturmaterial)
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