Attacke der polnischen Regierung Steinbach mit Holocaust-Leugner verglichen

Warschau/Berlin (RPO). Das geplante Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin hat neue Spannungen zwischen Polen und Deutschland ausgelöst. Unmittelbar vor einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte der polnische Regierungsbeauftragte Wladyslaw Bartoszewski mit ungewöhnlich scharfen Worten vor einer Berufung der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach in den Stiftungsrat.

 Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach steht in der Kritik. Die polnische Regierung vergleicht sie mit dem Holocaust-Leugner Williamson.

Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach steht in der Kritik. Die polnische Regierung vergleicht sie mit dem Holocaust-Leugner Williamson.

Foto: ddp

Das wäre so, als wenn der Vatikan den Holocaust-Leugner Richard Williamson zu seinem Beauftragten für die Beziehungen zu Israel machen würde, wurde der frühere Außenminister in der Zeitung "Dziennik" zitiert. "Wenn es zu dieser Ernennung kommt, werden polnische Behörden die Absage einiger deutsch-polnischer Veranstaltungen in Erwägung ziehen."

Als Beispiel nannte Bartoszewski ein für Ende Februar in Hamburg geplantes Spitzentreffen zwischen Ministerpräsident Donald Tusk und Merkel. Zudem könnte der Aufbau eines europäischen Netzwerks der Erinnerung beeinträchtigt werden. "Die Regierung von Donald Tusk hat Germanophobe aus der Leitung polnisch-deutscher Institutionen entfernt", sagte der polnische Deutschlandbeauftragte der Zeitung zufolge. "Wir erwarten dasselbe von Deutschland."

Merkel empfing Bartoszewski am Montag im Kanzleramt. Zu dem Verlauf des Gesprächs hielten sich beide Seiten anschließend bedeckt. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonte vor dem Treffen aber, dass er keine Gefahr für das deutsch-polnische Verhältnis durch die Auseinandersetzung über das Zentrum gegen Vertreibungen sehe. Die Freundschaft beider Länder ruhe "auf einem so guten und sicheren Fundament, dass wir nicht in Auseinandersetzungen kommen werden, die unser gutes Verhältnis tangieren".

Verfahren zur Besetzung des Stiftungsrats steht noch aus

Der "Spiegel" hatte am Wochenende berichtet, dass der Bund der Vertriebenen trotz massiver Widerstände aus Polen auf Entsendung Steinbachs in den Stiftungsrat bestehe. Die Verbandsspitze habe eine entsprechende Entscheidung getroffen. BdV-Sprecher Walter Stratmann verwies am Montag darauf, dass die Bundesversammlung des Verbandes bereits im April 2008 beschlossen habe, Steinbach für das Gremium zu nominieren. Dieser Beschluss gelte weiterhin, sagte er der AP. "Das ist der letzte Stand."

Kulturstaatsminister Bernd Neumann muss den BdV allerdings noch formell auffordern, seine Kandidaten für das Gremium zu benennen. Das letzte Wort hat dann das Bundeskabinett. Neumann hat zuletzt im Dezember in einem AP-Interview deutlich gemacht, dass eine Einmischung der Regierung in die Entscheidung des BdV nicht vorgesehen sei: "Das Vorschlagsrecht liegt bei den entsendenden Institutionen."

Zentrum sorgte immer wieder für Spannungen

Das Zentrum gegen Vertreibungen hat in den vergangenen Jahren immer wieder für Belastungen des deutsch-polnischen Verhältnisses gesorgt. In Polen wird eine Relativierung der Nazi-Verbrechen durch die Errichtung der Gedenkstätte befürchtet. Wilhelm bekräftigte allerdings erneut, dass es keine Umdeutung der Geschichte geben werde. "Wir verkennen natürlich nicht die deutsche Verantwortung vor der Geschichte Europas", betonte er.

Die Ausstellungs- und Dokumentationsstätte zur Erinnerung und zum Gedenken an Flucht und Vertreibung soll im Deutschlandhaus am Anhalter Bahnhof in Berlin entstehen. In der Dauerausstellung soll vor allem über die rund 14 Millionen deutschen Vertriebenen, aber auch über das Schicksal von Flüchtlingen anderer Nationen informiert werden.

Die Bundesregierung schätzt die Sanierungskosten für das Deutschlandhaus auf 29 Millionen Euro. Der Betrieb soll jährlich 2,4 Millionen Euro kosten. Experten rechnen damit, dass die Ausstellung nicht vor 2013 eröffnet werden kann.

(AP)
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